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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Überraschung bei chem. Wasseruntersuchung



heretic
26.03.12, 21:09
Hallo,
ich bin etwas ratlos.
Ich habe vor kurzen angefangen hier an den Bächen (Inde und Iter) das Wasser zu untersuchen. Wollte das so viermal im Jahr machen.
Am Samstag hatte ich an einer Messtelle an der Iter einen erhöhten Ammoniumwert (0,4-0,6mg)
Das wunderte mich, also bin ich am nächsten Tag an die Grenze zu Belgien gefahren, dort wo der Bach deutsches Gebiet erreicht, ca. 1,5km oberhalb der Messstelle vom Samstag. Das Wasser der Iter ist häufig trüb, aber was ich da gesehen hab war nicht mehr feierlich. Sichttiefe ca. 15cm und massenhaft kleine weiße Flöckchen im Wasser.

Die Probe war noch überraschender.

Ammonium : 5mg (dort ist Ende bei den Tests)
Nitrit : 0,05mg
Nitrat : 10 - 15mg

Hab dann heute morgen die UWB informiert um mir wieder anzuhören: "Da können wir nichts machen - ist ja Belgien".
Eben nach der Arbeit habe ich an derselben Stelle wieder eine Probe genommen. Das Wasser war wieder klar.
Diesmal:

Ammonium : 1mg
Nitrit : 0,1mg
Nitrat : 10 - 15mg

PH liegt bei 7 und Karbonathärte bei 8°.

So richtig kann ich die Ergebnisse nicht deuten. Ich weiß es ist nicht gut. Es ist bekannt, dass das Wasser in dem Bach aus Belgien belastet ist. Es gibt dort viele Haushalte ohne Anschluss an die Kanalisation. Es ist denkbar das ein Bachanlieger seine Klärgrube geleert hat - in den Bach.
Vermutlich finden solche Ereignisse dort regelmäßg statt. Dementsprechend wurde die Iter bei den WRRL Untersuchungen schlecht bewertet.

Ich frage mich, welchen Einfluss dass auf die aufkommende Bachforellenbrut hat.
Wie würdet ihr an euren Gewässern reagieren bei solchen Werten? Wen kann/sollte man noch informieren?

Gruß
Marcus

Mattes
26.03.12, 22:23
Hallo Marcus,

äußerst bedenkliche Situation, die du da vorgefunden hast.

So lange bin ich nicht im Thema, um fachlich korrekt zu antworten. Aus meiner laienhaften Sicht besteht die Gefahr, dass sich das Ammonium im Falle einer Hebung des pH-Wertes in fischgiftiges Ammoniak wandelt. Da die Karbonathärte ziemlich im Keller hängt sehe ich die Gefahr gegeben. Ob sich dies in Fließgewässern anders abspielt mögen uns andere Mitglieder hier an Board vielleicht sagen.

Wie hoch ist die Gesamthärte?

Wie weit zieht sich der Iter ins Belgische Reich? Ist es real dort in Abständen weitere Proben zu ziehen?

Ich würde mich nicht als erstes an die belgischen Behörden wenden, sondern zuerst den Kontakt zum belgischen Fischereiverband suchen, ggf. dort ansässige Angelvereine. Vielleicht auch nicht sofort mit Vorwürfen, sondern um Infos zu erhalten.

Möglicherweise gibt es lokale tätige Gruppen wie die an der Rur. Die wären für mich erster Verbündeter.

Als zweiten Schritt würde ich dann versuchen einen verbündeten Belgier zu finden, der dann den behördlichen Gang wahrnimmt. Sprich Anzeige gegen Unbekannt in Belgien durch einen Belgier, dem es die Sache wert ist.

Ich glaube aber, dass der Weg ein steiniger sein wird. Langfristig aber ein lohnender.

Vorsorglich würde ich zur nächsten Probenahme einen Zeugen mitnehmen. Messen vor Ort und wenn die Werte wieder extrem sind, ggf. eine Probe, deren Entnahme bezeugt sind, an ein Labor einreichen. (Kosten?) Unterstützung/Beratung RhFV?

Die weißen Flocken, davon wurde ich auch Proben aufbewahren. Entnahmestelle, Datum, Uhrzeit und Zeuge auf der Flasche notieren - im Kühlschrank lagern.

heretic
27.03.12, 09:37
Morgen,

bedenklich ist vor allem, dass das wohl häufiger vorkommt. Jetzt erklärt sich mir auch deutlicher das zum Teil starke Algenwachstum und die schlechten Bewertungen zur Saprobie und Degradation.
Die Gesamthärte hab ich, mangels Test, nicht gemessen. Die Kontakte nach Belgien verlaufen erfahrungsgemäß im Sande. Egal ob man sich an sich an Behörden oder Umweltvereine wendet. Die Gemeinde Raeren ist aber dabei mehr Haushalte ans Kanalnetz anzuschließen. Es kann eigentlich nur besser werden.
Mir war immer klar, dass einige Defizite am Bach auf das schlechte Wasser zurückzuführen sind, nur diesmal bin ich direkt selbst darauf gestoßen. Das hat mich doch etwas erschrocken.
Die weißlichen Flocken waren wohl Klopapierreste. Ich belasse es dabei die lokalen Behörden zu informiert zu haben. Die wissen das eh. Eine Bekannte von mir sitzt auch im Landschaftsbeirat. Da wird das nicht unerwähnt bleiben. Ich werde in nächster Zeit dort öfter mal nachsehen und Proben nehmen. Das kann ich bequem nach Feierabend machen. Eventuell bekommt man eine Idee wie häufig und intensiv solche Ereignisse sind. Ich glaube erst dann kann man annähernd vermuten, wie sich das z.B. auf die Bachforellenbrut auswirkt.

Gruß Marcus

Toni
27.03.12, 17:12
Hallo Marcus,

hast du dort schon mal Saphrobientests gemacht, bzw. hast du Zahlenwerte?

Gruß
Toni

heretic
27.03.12, 20:59
Hi Toni,

nein habe ich noch nicht selbst gemacht. Die Ergebnisse sind von den Untersuchungen zur WRRL.
Die letzten sind vier Jahre alt und nach Perlodes gemacht.
Saprobie - mäßig
Hier Zahlenwerte aus dem Elwas-IMS:
Saprobienindex alle Organismen 2,469388 2,310526 2,406667
Saprobienindex Makroorganismen 2,16 2,090741 2,187179
Saprobienindex Mikroorganismen 2,791667 2,85 2,644444

heretic
02.04.12, 20:14
So, hab gestern und heute nochmal Proben genommen.
Die Ammoniumwerte sind weiterhin hoch, 3mg gestern, 0,6mg heute. Also scheint das letzte Woche doch nicht die erhoffte Ausnahme gewesen zu sein. Die Klopapierflocken lagern sich großräumig an den Rändern bzw. an langsam fließenden Stellen ab. Würde fast behaupten das keine höheren Lebewesen mehr in diesem Bereich leben. Zu finden war gar nichts. In den 70ern wäre das sicher keine Sensation gewesen. Aber in Zeiten von WRRL &Co wundert mich das schon, auch dass die deutschen Behörden wenig tun können.
Gruß
Marcus

heretic
05.05.12, 18:52
Hallo,

Mattes sagte oben das die Karbonathärte mit 8° ja ziemlich im Keller wäre. Bei den letzten Messungen dort an der Grenze lag der Wert noch niedriger zwischen 4 und 5°. Die heutigen Testergebnisse zeigen einen KH von 4° und GH von 4° (GH zum ersten Mal gemessen). Die letzten PH Messungen wurden mit genaueren Test gemacht. Der lag zwischen 7,4 und 7,6. Heute bei dem ganzen Regen und entsprechend hohen Wasserstand genau 7. Diese Tests führe ich direkt vor Ort durch.

Kann man Schlüsse aus den Härtewerten ziehen?

Gruß
heretic

Mattes
05.05.12, 19:31
Hi Marcus,

Regenwasser hat keine Härte. Je stärker der Anteil Regenwasser im Bach, desto niedriger ist temporär der Härtegrad. Nach einem Starkregen, ist es demnach normal, dass der Härtegrad in den Keller wandert. In dieser Zeit ist das Gewässer dann auch anfälliger für pH-Schwankungen.

heretic
06.05.12, 10:03
Hallo Mattes,

die Werte waren ja schon vor dem Regen so niedrig. Das hat mich verwundert und frage mich woran das in so einem Bach konkret liegen kann. Ich gebe zu, dass ich die Zusammenhänge des Wasserchemismus noch nicht gänzlich verstanden habe und deshalb solch pauschale Fragen stelle. Ich werde erstmal :lesen:

Albert
06.05.12, 12:46
zeigen einen KH von 4° und GH von 4° (GH zum ersten Mal gemessen).

Sehr ungewöhnlich.
Die Gesamthärte beinhaltet auch Phosphorverbindungen, Schwefelsaure (Sulfate), Salpetersaure (Nitrate), Salzsaure (Chloride) Salze sowie Huminstoffe.
Die temporäre KH nur Bicarbonate vom Kalzium und Magnesium.
Ob da ein Messfehler vorliegt?

rheophil
07.05.12, 00:50
Hallo,


Die Gesamthärte beinhaltet auch Phosphorverbindungen, Schwefelsaure (Sulfate), Salpetersaure (Nitrate), Salzsaure (Chloride) Salze sowie Huminstoffe.

Die Gesamthärte ist definiert als Summe der im Wasser gelösten Erdalkalimetall-Ionen.
Bedingt durch die chemische Methodik des GH-Tests können positive Fehlmessungen durch andere divalente Metall-Kationen, z.B. Eisen oder Mangan, entstehen. In der Regel ist deren Konzentration in natürlichen Wässern mit oxidativen Bedingungen aber so gering, dass die Störgrößen unterhalb der Auflösung der Tests liegen und damit nicht ins Gewicht fallen.

heretic
08.05.12, 18:31
Okay. Danke für die Antworten. Ich merke - ich muss noch ganz viiiiiel lesen... - divalent - uff, noch nie gehört...
An einen Messfehler habe ich auch schon gedacht. Aber bei den JBL Tests kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Da werden ja die Tropfen bis zum Farbumschlag gezählt. Verzählt habe ich mich nicht. Die Reagenzien haben nicht das Haltbarkeitsdatum überschritten. Ich verwende immer dieselben Testglässchen für die jeweiligen Tests, die auch immer ordentlich gespült werden. Der Test wird vor Ort durchgeführt und ich halte mich dabei strikt an die vorgaben von JBL. Eisen ist vielleicht das Stichwort. Die Metallbelastung ist hier durch behördliche Untersuchungen als "nicht gut" eingestuft. Früher wurde hier Erz abgebaut. Eisen werde ich dann das nächste Mal auch messen.
Und ich werde den KH Test an anderer Stelle durchführen, ein Stück der Inde hier ist karbonatisch geprägt. Mal sehen was da für Ergebnisse kommen.
Gruß
heretic

Thomas
08.05.12, 18:51
Okay. Danke für die Antworten. Ich merke - ich muss noch ganz viiiiiel lesen... - divalent - uff, noch nie gehört...



Hi Heretic,

vielleicht sagt Dir der Begriff der Bivalenz (bivalent) etwas, Divalenz ist begrifflich lediglich gleichbedeutend. Zweiwertig eben.

Zweiwertig geladene Ionen.

Günter
11.11.12, 14:48
Zitat:heretic
Ammonium : 5mg (dort ist Ende bei den Tests)

Sind die Werte höher als die Skala zum Ablesen, sollte man die Probe mit destilliertem Wasser (Adest) verdünnen und dann multiplizieren, und man hat den Wert!

Thomas
11.11.12, 15:34
Sehr guter, praxisrelevanter (Kurz)Beitrag, Günter.

Herzlich willkommen bei uns GWlern :Pils:

Günter
11.11.12, 16:27
Danke. :Pils: