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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Welsbesatz oder wie schwer es Fischen aus der Aquakultur fällt, sich umzustellen.



Steini (verstorben am 06.09.2019)
28.06.12, 00:55
http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1351171/Baer_Welsbesatz_FT_2009.pdf

Ein Bericht, wie schwer es vielen Besatzfischen fällt, mit natürlichen Bedingungen klar zu kommen.
Im beschriebenen Fall geht es um Welse, sicher ist es beim Zander oder der Forelle nicht viel anders.
Ich denke, da ist Diskussionsbedarf.:lachen:

Als ich den Artikel vor einiger Zeit gelesen habe, brachte er mich wenigstens etwas zum Nachdenken.
Nun mache ich mir deutlich mehr Gedanken darüber, wie der Besatzfisch erzeugt wurde.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
30.06.12, 14:45
Ich denke, in der Untersuchung ist es recht gut belegt, dass es schon einen gewaltigen Unterschied ausmacht, wie der Besatzfisch erzeugt wurde.
Unter natürlichen Bedingungen überleben nur sehr wenige, nur die Besten schaffen es halt.
Nein, nicht einfach die Besten, so etwas wird leicht mißverstanden und lediglich auf einige Faktoren begrenzt.
Es überleben langfristig die Tiere, die mit den Bedingungen am besten zurecht kommen.
Die aber unterscheiden sich in jedem Gewässer und von Jahr zu Jahr.
Fakt ist, rein rechnerisch schaffen das so wenige, dass man schreiben müsste, es schaffen fast keine.
Nicht einmal jede tausendste Larve wird je zum Laichtier heranwachsen.


Unter Zuchbedingungen, werden die Bedingungen so gestaltet, dass möglichst alle durchkommen.
Sicher, auch hier schaffen es nicht sehr viele Larven zu überleben, aber ungleich mehr, überleben nun schon einige Prozent.
Das Ganze ist sicher in den Kreislaufanlagen noch günstiger zu gestalten als in der Teichwirtschaft.
Dort wird die Zahl wohl schon in den zweistelligen prozentualen Bereich gesteigert werden können.
Was da dann produziert wird, sind Fische, die deutlich weniger ausgelesen wurden und zusätzlich auch an diesen (künstlichen) Lebensraum angepasst sind.
Einen Lebensraum, wo immer genug Futter war, nie Feinde auf sie Jagd machten und immer die gleichen Temperaturen den Stoffwechsel optimierten.
So war auch immer ihr Imunsystem optimal, wenn sie den mit Erregern in Kontakt kamen.
Nur hatten sie sicher viel weniger Kontakt mit einer Vielzahl von Krankheitskeimen, die in einem natürlichen Gewässer unter verschiedenen Bedingungen, Jahreszeiten oder Schwächephasen der Tiere auftreten.
Wenn doch, unterstützten bisher Medikamente Ihre Gesundung.

Ausgesetzt sollen sie nun mit der Natur zurecht kommen.

Mit sich verändernen Wasserwerten.
Fressfeinden und Nahrungskonkurrenten.
Vielen neuen Krankheitserregern.
Nahrungsmangel.
Völlig fremden Futter, welches sich auch noch versteckt oder flüchtet.
Dem jahreszeitlichen Wechsel.

Es ist fast ein Wunder, wenn es einge schaffen.

Nur schaffen die Besatzfische das wirklich so oft ?

Nein, ich denke nicht!
Je größer die Tiere sind und je optimierter oder künstlicher sie aufgewachen sind, um so schwerer wird es Ihnen fallen.
Die versuchen verzweifelt zu überleben und stürzen sich unvorsichtig auf alles, was sie für Futter halten.
Die werden schon Probleme haben, Ihr Gewicht zu erhalten und der Grundumsatz für den Erhalt Ihrer Größe lasst Ihnen kaum Zeit sich anzupassen.
Auch wenn sie gesund ins Wasser gelangen, werden viele nach langer Zeit, ausgezehrt vom Nahrungsmangel erkranken.
Je höher die Besatzmengen sind, je schlechtere Bedingungen werden sie finden.
Der Bericht über die Welse zeigt aber auch, wie viel Zeit diese Tiere überdauern können.
Das mag nun beim Wels teilweise so sein, bei Forellen und anderen ist es aber sicher ähnlich.
Wen wundert es also, dass sich Besatzforellen oft nicht halten.

Also Achtung bei folgenden Arten: Wels, Zander, Salmoniden und weiteren aus der Mast und Warmwasserkreislaufanlagen.

Anders ist es mit Besatzfischen aus der Teichwirtschaft.
(Oft werden sie mit den Jungfischen oder Larven "geimpft", nur teilweise wird es der Natur überlassen)

Beim Hecht sind es dort alles noch Tiere, die gelernt haben, Ihr Futter selbst zu suchen oder zu erkennen.
Beim Zander oder Wels ist es dort nicht anders.
Bei Arten wie dem Karpfen wird zugefüttert, aber auch dort lernt er sein natürliches Futter selbst zu suchen, oder mit Krankheitserregern und wechselnen Bedingungen zurecht zu kommen.
All das unter fast natürlichen Bedingungen, auch wenn Fressfeinde und Konkurrenten kurz gehalten werden.
Ist es ein Wunder, dass sie als Besatz oft überleben ?



Ich denke, weniger der Preis oder die Besatzmenge sollte Beachtung finden.
Sondern immer auch, wie der Fisch erzeugt wurde.
Je ähnlicher die Bedingungen vorher waren, um so besser.

Nur dabei bedenken:
Es kann sein, dass der Besatzerfolg mit geeigneten Fischen erst nach Jahren sichtbar wird, weil sie ausreichend Futter finden.
Bei ungeeigneten Tieren kann es sein, dass sie schon wenig später gefangen werden, ohne dass es einen langfristigen Erfolg bringt.

Klar ist das so eine Betrachtung, die in Gewässern die wie ein FoPo besetzt werden, ohne Bedeutung sind.
Dort sind Besatzfische = Fangfische, oder sterben so oder so.

rudi
01.07.12, 00:14
Hallo Steini,


Anders ist es mit Besatzfischen aus der Teichwirtschaft.
(Oft werden sie mit den Jungfischen oder Larven "geimpft", nur teilweise wird es der Natur überlassen)

Beim Hecht sind es dort alles noch Tiere, die gelehrnt haben Ihr Futter selbst zu suchen oder zu erkennen.
Beim Zander oder Wels ist es dort nicht anders.
Bei Arten wie dem Karpfen wird zugefüttert, aber auch dort lehrnt er sein natürliches Futter selbst zu suchen, oder mit Krankheitserregern und wechselnen Bedingungen zurecht zu kommen.

Zum Thema Karpfen, kann ich folgendes aus Erfahrung beitragen.

Wenn Besatzfische im Spätjahr besetzt werden, und in der darauffolgenden ersten Jahreshälfte gefangen werden, so liegen sie im K - Faktor an der oberen Grenze.
Ein Jahr später sieht es schon anders aus.
Da habe ich Gewichtsverlust zu verzeichnen.
Mein Fischlieferant hat eigene Teiche.
Aber hat er so viele um alle Bestellungen zu erfüllen, oder kauft er bei Bedarf zu?

Die andere Seite:
Könnte ja Überbesatz und Nahrungsmangel vorliegen !

Warum habe ich dann Eigenaufkommen in verschiedenen Altersstufen.

Das gibt mir persöhnlich zu denken!

Wäre es nicht angesagter Sömmerlinge zu besetzen, als, Kormoranunattraktive Fische mit 1,2 bis 2,0 Kg bezogen auf den Karpfen?

Nur welches Vereinsmitglied würde das verstehen und befürworten?
Und wenn man dann noch die Überlebensrate bekanntgibt, hat man spätestens jetzt alle gegen sich!

Untersuchung beim Hecht :
Überlebensrate
Fischbrut : ca. 1 %
Sömmerlinge bis 4 cm ca 50 %
Setzlinge 5 - 30 cm 80 %
Woher ich diese Zahlen habe, weis ich im Moment grad selbst nicht, aber sie sind irgendwo hinterlegt.
Ob in dem Falle der Kannibalismus berücksichtigt wurde ?

Gruß Rudi

Steini (verstorben am 06.09.2019)
01.07.12, 14:20
Hallo Rudi

Die von Dir aufgefürten Zahlen beim Hecht sind sicher Werte aus der Teichwirtschaft.
Sonst wären die Verluste höher.

Aber mal zum Karpfen.
Sicher ist der Besatz mit möglichst kleinen Tieren besser.
Das schont die Börse und man vermeidet sicher auch besser Schäden durch Überbesatz.
Ist es aber auch erfolgreicher ?

Als ich als Jugendlicher zu den Gewässerwarten gestoßen bin, war ich etwa 4 mal die Woche am selben Gewässser unterwegs.
Das war mein zweites Zuhause, mag sein, dass da nicht alle so erfolgreich auf Karpfen fischten, aber wir machten das auf Ansagen.
1 Rute+ Kescher und einige Haken, Messer,Zollstock mehr brauchten wir nicht.
Eben einen Wurm gesucht oder etwas anderes, geschaut wo so ein Karpfen frisst und vorsichtig den Wurm vor(in) sein Maul gehalten.
Stillsitzen konnte ich nicht, schauen und beobachten war mein Ding.
So aber lernt man das Ziel und Gewässer am besten kennen.
Das aber nur als Vorspann, um zu beschreiben, dass ich das Gewässer kannte.

In der Zeit wurden Karpfen immer als K3 im Herbst besetzt, etwa 300 - 500 Karpfen in einen etwa 1100m mal 30m, bis 0,7 m tiefen Altarm.
Dann wurde wegen anderer Betrachtung des neuen 1.Gewässerwartes umgestellt auf K1.
(Das ist günstiger und die Mitglieder schauen ehe nur auf die Zahlen, war die Meinung)

Schon am nächsten Tag nach dem Besatz, wurde ich ermutigt mir Gedanken zu machen.
Als der Besatz kam, waren Hechte am jagen, was man in so einen flachen Gewässer gut beobachten kann.
Wenig später jagten sie nicht mehr.
Am nächsten Tag fing ich einen 65 Hecht etwa 1000 m entfernt vom Besatzpunkt.
Der war etwas rund, Mageninhalt: 14 Karpfen, 2 Brachsen, einen handgroßen Giebel vom Vortag und einen gleichgroßen Giebel, fiel er auch zum Opfer.:heimtückisch:
Da macht man sich halt Gedanken.
An so einen K3 mag jeder Hecht über 70cm Gefallen finden.
An einem K1 gehen alle Hechte im Herbst+Barsch und Aal. (Keine Zander und Welse vorhanden)

Wie aber mag damals der Hechtbestand da ausgesehen haben ?
Ich denke, ich kann es ganz gut einschätzen.

St../...über
1er 120cm
1er 110cm
1er 100cm
3.....90cm
4.....80 cm
6.....70 cm
15....60 cm
.............................Mindestmass 60 cm...........
30 50 cm
50 40 cm
80 30 cm
120 20 cm
diverse kleinere und andere Räuber

Das nun mal aus dem Kopf, lediglich zur Erklärung
Fakt ist, dort wurden 20 - 50 maßige Hechte im Jahr entnommen, ohne Besatz.
Da waren auch regelmäßig Hechte bis 14 kg dabei, aber selten mehr als 1-3 Hechte über den Meter.

So betrachtet machen 16 Hechte Jagd auf die K3.
Die K1 werden aber von 331 Hechten gejagt, im Folgejahr wären es dann noch einmal die 16 Hechte,die Ihnen dann nachstellten.
Mögen die 16 sich viele Tage von den K3 genährt haben, blieben wegen der Masse immer noch einige über.
Selbst einge Tausend K1, könnten aber locker, in wenigen Tagen fast völlig verputzt werden.
Dann kommt noch die Frage hinzu, ob sich K1 gegen die anderen Fische als Nahrungskunkurrenz behaupten können.
Oder, ob K1 ohne Zufütterung es überhaupt schaffen, den Winter zu überstehen und im Frühjahr noch da sind.
Der Bestand brach ein, das ist heute Fakt.

rudi
03.07.12, 01:04
Hallo Steini,

ich wusste, da kommt Arbeit nach.

Die Zahlen zum Hecht habe ich aus einer Studie ausserhalb des Forums.

Habe sie aber auch im Forum bestätigt gefunden.

Beispielsweise hier:
http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/Ordnungsgem%C3%A4%C3%9Fe%20fischereiliche%20Bewirt schaftung.pdf
das war aber nicht alles.

Es gab da noch eine andere Studie!

Frage:

Sollte in einem Gewässer nicht ein besserer Zustand herrschen, - als in einem Zuchtteich mit Kanibalen trotz Zufütterung?

Nischen! Einzelbesatz!

Jungfische:

Fluchtreflex, Futtersuche und Deckungssuche werden von Grund auf erlernt.

Gefütterte Fische haben diese Erfahrung nicht!

Ich stelle jetzt einfach mal in den Raum !

Fischart egal.
Rudi