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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Kormoran und die Angelkarten



Thorsten
23.03.13, 01:16
Ich beschäftige mich momentan mal wieder mit dem Kormoran an unseren Gewässern, aber aus einem etwas anderen Blickwinkel.

Konkret beziehe ich mich im Beispiel auf unser Hauptgewässer den Prestelsee (http://www.gw-forum.de/showthread.php?279-Prestelsee-in-Graben-Neudorf) - ein typischer Hecht-Schleien See mit ca. 6,5 ha.

Bis letztes Jahr war der Kormoran hauptsächlich in den Wintermonaten anzutreffen, und da im Tagesmittel ca. 7 Vögel, die
sicher im Tagesverlauf auch gewechselt haben. Also keine "heimattreuen" Vögel, sondern eher Zugvögel.
Schon damals war natürlich das "Geschrei" der Mitglieder groß - für mich als GW aber überzogen.

Seit diesem Winter sind es nun im Mittel aus verlässlichen Quellen ca. 30 Vögel, was bei der Seegröße natürlich einen großen Unterschied macht. Bei eher gering geschätzten ca. 70 Fresstagen und ca. 200 gr
wären das ca. 420 kg Fisch, die durch den Kormoran p.a. entnommen würden.

Soweit so gut, damit müssen wir mehr oder weniger als Angler leben, und rein wegen der Vögel habe ich als Gewässerwart noch nicht mal das Problem - dann fangen wir halt weniger.

Gedanken mache ich mir erst, wegen der Ertragsfähigkeit des Gewässers und der Gesetzeslage.

Wir dürfen in unseren Gewässern lt. Pachtvertrag nur eine bestimmte Anzahl an Erlaubnisscheinen ausstellen, die an der Ertragsfähigkeit bemessen werden.
Der See hat eine theoretische - und früher auch belegte natürliche Ertragsfähigkeit von gut 500 kg. Wir als Angler entnehmen im langen Mittel ca. 300 - 350 kg. D.h. bisher lagen wir unter dem theoretisch Möglichen.

In BW wird für die Ausgabe der Angelkarten meines Wissens pro Karte eine Entnahme von 10 kg kalkuliert.

Bisher ist das kein Problem gewesen.

Ich reiche jedes Jahr gewissenhaft die Fang und Besatzlisten ein, und dränge auch die Mitglieder mir gegenüber ehrliche Angaben zu machen. Was nach meiner Einschätzung auch sehr gut läuft (kleiner Verein).

Wenn nun aber der Kormoran wirklich diese 400 kg aus dem Gewässer frisst - die in keiner Fangliste auftauchen können, dann werden wir ohne Besatzmaßnahmen (was ich langfristig anstrebe, da nur bedingt erfolgversprechend) vermutlich auf einer
Fangliste von max. 150 kg landen. Das hieße dann beim neuen Pachtvertrag, dass wir für das gleiche Gewässer mit eigentlich gleicher Ertragsfähigkeit nur noch 15 Karten bekommen.
Gibt es dazu von euch Erkenntnisse, ob diese Entnahme des Kormoran "positiv" mit einkalkuliert wird, oder muss ich für die Erhaltung der Angelkarten dann einen "Zwangsbesatz" machen, oder gar die Listen fälschen? (Würde ich nicht tun vorher trete ich zurück)

Das alles will ich nicht tun, aber so wie ich die Regelung mit den Angelkarten - die ich für sich genommen super finde - verstehe, würde es nach der derzeitigen Regelung genau darauf hinauslaufen. Und das kann es doch bei allem Verständnis für den Kormoran auch nicht sein.
Für mich ist v.a. auch die Entspannung am Gewässer ein sinnvoller Grund um angeln zu gehen, und die 10 kg pro Angler sind eine absolut theoretische Größe. Darf man aus dieser Konstellation heraus jemanden vom Angeln fernhalten? Aus meiner Sicht nein, aber ist das schonmal irgendwo offiziell diskutiert und geklärt worden? Vermutlich müsste ich das mit einem neuen Pachtvertrag und der reinen Zahlenbetrachtung tun.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.03.13, 11:53
Du rechnest aber sehr vorsichtig.
Mit 0,2 kg je Vogel und wohl auch beim Ertrag.
Bei 0,2 kg liegst du ganz weit unten.

Ohne weiter Nachzudenken, wenn Ihr wirklich regelmäßig nun 30 Vögel habt, wäre das schon sehr heftig.
Die werden den Ertrag schon mächtig abschöpfen.
Da wird man Umdenken müssen, älteres Denken sieht halt nur den Mensch am Ende der Nahrungskette.
Ich hoffe für Euch, das sehen Andere auch so.

Text geändert in.
äää...bei uns sind es sehr viel weniger.
(:Klatsche:rechnen sollte man können)

Günter
23.03.13, 20:13
Hallo Thorsten

Bei uns in Bayern wird die Anzahl der Angelkarten nach den m² der vorhandenen Wasserfläche berechnet !

rudi
25.03.13, 22:06
Hallo Thorsten,


In BW wird für die Ausgabe der Angelkarten meines Wissens pro Karte eine Entnahme von 10 kg kalkuliert.

Die Aussage ist glaube ich nicht so zu sehen:

Man rechnet in BW mit einem durchschnittlichem Ertag von geschlossenen Gewässern von 10 Kg/ Ha /Jahr.
Natürlichem Fortpflanzungsertrag,und Zuwachs über alle Fischarten.

Wer nun letztendlich in dem Gewässer Fische entnimmt, interresiert dabei zunächst nicht.
Die untere Naturschutzbehörde wird es auch bei der Anzahl der Erlaubnissscheine belassen.
Pech haben die Angler, wenn die " Schwarzfischer " mitfischen.

Fakt ist, nach Aussage von H. Wiegner,
Gewässerwart der unteren Naturschutzbehörde,
dass Karpfen von 1,5 bis 2,0 Kg nicht mehr Kormoranrelevant sind.

Abzuwägen wäre,
ob damit den Mitgliedern genüge getan wird!

Da ich das Gewässer einmal gesehen habe, stelle ich die Frage?
Was ist den Mitgliedern wichtiger:

Moselde Karpfen und Fang,
oder geringere Fangmengen der bisherigen Arten!

Karpfen könnten aber auch die Wasserpflanzen positiv beeinflussen!?!

Bin auf weitere Meinungen gespannt.

@ M
@ G
@T
@A

Rudi

Thorsten
26.03.13, 13:30
Hallo Rudi,


Man rechnet in BW mit einem durchschnittlichem Ertag von geschlossenen Gewässern von 10 Kg/ Ha /Jahr.
Natürlichem Fortpflanzungsertrag,und Zuwachs über alle Fischarten.


Also die Studien, die ich von eutrophen Hecht Schleien Seen kenne, gehen von ca. 100 kg / ha / Jahr aus. Das deckt sich auch ca. mit der langjährigen Entnahme ohne Besatz von ca. 300 -350 kg, da ja auch Kormoran entnimmt, und durch die Großkarpfen, die nicht entnommen werden, der reine Ertrag ebenfalls verringert wird. Vllt. ein Schreibfehler?


Wer nun letztendlich in dem Gewässer Fische entnimmt, interresiert dabei zunächst nicht.
Die untere Naturschutzbehörde wird es auch bei der Anzahl der Erlaubnissscheine belassen.
Pech haben die Angler, wenn die " Schwarzfischer " mitfischen.

Das ist für mich genau die Frage. In den Pachtverträgen steht derzeit:

6468




Fakt ist, nach Aussage von H. Wiegner,
Gewässerwart der unteren Naturschutzbehörde,
dass Karpfen von 1,5 bis 2,0 Kg nicht mehr Kormoranrelevant sind.

Abzuwägen wäre,
ob damit den Mitgliedern genüge getan wird!

Da ich das Gewässer einmal gesehen habe, stelle ich die Frage?
Was ist den Mitgliedern wichtiger:

Moselde Karpfen und Fang,
oder geringere Fangmengen der bisherigen Arten!

Karpfen könnten aber auch die Wasserpflanzen positiv beeinflussen!?!

Bei der Größe der Karpfen bin ich bei dir, wobei auch diese Größe zumindest "verbissen" wird und teilweise zugrunde geht.
Der Wunsch der Mitglieder darf dabei auch nicht allein betrachtet werden, bzw. im Vordergrund stehen. Es macht für mich keinen Sinn aus einem Hecht Schleien Gewässer ein Karpfengewässer, bzw. dadurch einen Brachsensee entstehen zu lassen, nur damit noch etwas gefangen wird. Karpfen sind auch genügend drin, ohne dass es einen nennenswert "positiven" Effekt auf die Monokultur der Wasserpflanzen gibt. Die Nachteile dessen was die Karpfen hier tun könnten, bzw. auch die dadurch angezogenen Angler mit Ihrer Anfütterungspraxis überwiegen für mich.

smithie
26.03.13, 15:39
Grundlage ist die natürliche Ertragsfähigkeit des Gewässers.
Dabei stellt sich mir die Frage, ob die UB die Ertragsfähigkeit abgekoppelt von der Nutzung der fischereilichen Erträge sieht oder nicht.
Falls ja: ändert sich die rein rechnerische Ertragsfähigkeit des Gewässers durch den Kormoran? Ich meine erstmal nein.
Falls nein: wenn die Abschöpfung des Ertrags mit einbezogen wird, müssten quasi auf den Kormoran x % der Karten "gegeben" werden.

Das Rechenmodell erklären wird nur die UB können.
Allerdings: will ich die Behörde darauf stoßen, wenn es zunächst keine Anlass gibt?
Ggf. muss ein Vereins-interner Plan B erstellt werden.

Thorsten
27.03.13, 08:04
Genau das ist die Frage Smithie, wie werden Sie es auslegen.

Ein Problem dabei die Behörden darauf zu stoßen sehe ich noch nicht mal, da man mit unserer UFB immer auf guter und normaler Ebene reden kann, ohne gleich negative Konsequenzen fürchten zu müssen.
Erster Ansprechpartner für mich ist aber erst mal unser Landesverband, die werden dazu auch einen guten Überblick haben.

smithie
27.03.13, 09:39
Erster Ansprechpartner für mich ist aber erst mal unser Landesverband, die werden dazu auch einen guten Überblick haben.
Die Antwort würde mich brennend interessieren :-)

Thorsten
27.03.13, 11:24
Die Anfrage habe ich eben rausgeschickt. Ich bin mal gespannt.

Thorsten
28.03.13, 08:21
Gestern habe ich etwas mit dem Verband gemailt.

Ganz zufrieden bin ich mit der Antwort noch nicht. In der ersten Mail kam die Aussage, dass der Kormoranfraß für die Erlaubnisscheine zunächst nicht relevant sei. In der zweiten habe ich dann nochmal nachgehakt, da kam dann die Aussage, dass schon der fischereiliche Ertragswert für die Berechnung genommen wird, dass aber einmalige Ereignisse wie der Kormoran nicht relevant wären. Nur einmalig ist er aus meiner Sicht nicht, er ist ja immer da, bzw. im Winter deutlich verstärkt.

Ich werde wohl doch mal mit der UFB sprechen müssen, um deren Meinung zu hören.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
05.04.13, 00:06
Hallo,

in NRW darf ich in Cyprinidengewässern je 5 kg und in Salmonidengewässern je 15 kg nachhaltigem Ertrag je einen Jahresschein ausgeben.

Der nachhaltige Ertrag entspricht in etwa einem Drittel des Bestandes. D.h. pro 15 kg Bestand im Cyprinidengewässer und pro 45 kg Bestand im Salmonidengewässern, je ein Angler.

Das NRW LFischG schreibt vor, dass die Pachtverträge eine Festlegung zur maximalen Anzahl der auszugebenden Erlaubnisscheine enthält.
Fehlt diese Festlegung, hat die Behörde eine Anzahl festzulegen.
Die Art und Weise der Berechnung ergibt sich aus den "Ausführungsbestimmungen zum LFischG". Hierin ist festgelegt, wie die Fischereibehörden das LFischG auszulegen haben.

Andere "Nutzer" wie Kormorane werden nicht erwähnt und sie tauchen nirgendwo in der Berechnung auf.

Das ist auch logisch.
Dann müsste ich alle Beutegreifer erfassen. Was ist mit Gänsesägern, Schwarzanglern, Reihern und Eisvögeln?

Beim Kormoran ist es zudem fast unmöglich die tatsächliche Menge an Beutefischen an einem speziellen Gewässer zu quantifizieren. Kormorane haben riesige Einzugsgebiete. Wenn ich 30 Tiere beobachte, besagt das ja erst mal gar nichts.
Die fangen bei mir 2 Rotaugen und räumen anschließend eine Fischzucht leer. Ich kann abschätzen was ein Kormoran frisst, ich kann aber nicht sagen wo er das frisst.

Wenn die Fischereibehörde die Kormorane anrechnen wollte, müsste sie für ihre Zahlen Belege liefern. Dazu ist sie aber in aller Regel nicht in der Lage.

LL

Thorsten
05.04.13, 07:26
Hallo Lotalota,

im Prinzip ist es bei uns in BW genauso. Die Gretchenfrage bei dem Thema ist ja, welche Bemessungsgrundlage die Fischereibehörde für den nachhaltigen Ertrag heranzieht. Für BW konnte ich diese bisher nicht finden / bekommen (Erlass des Ministeriums für ländlichen Raum vom 24.10.1990 zur Befischungsintensität). Laut dem Verband hat die Berechnung des nachhaltigen Ertrags für die Angelkartenbemessung schon etwas mit den von mir eingereichten Entnahmemengen zu tun. Wenn dieser dauerhaft sinkt, könnte das dann bei der Neuausgabe des Pachtvertrags eben zu weniger Angelkarten führen.