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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Amur Schläfergrundel (Percottus glenii)neue invasive Fischart



Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
03.05.15, 19:57
Hallo,

vor ca. 6 Monaten wurde mir ein Foto einer unbekannten Fischart vorgelegt. Die Art war schon bestimmt, ich sollten eine 2. Bestimmung durchführen, ohne das ich das Ergebnis der 1. Bestimmung kannten. Die Bestimmung erwies sich als schwieriger und zeitaufwendiger als vermutet, da es keinerlei Hinweise gab, zu welcher Familie der Fisch gehörte.
Die Erstbestimmung erwies sich jedoch als falsch.
Letztlich wurde der ca. 15 cm lange Fisch als eine Amur Schläfergrundel (Percottus glenii) sicher bestimmt. Vom Äußeren ähnelt der Fisch einem kleinen Zackenbarsch.

Der Fisch stammte aus Gräben, die Fischzuchten mit der Naab verbinden. Dort wurden die Fische gefangen, um sie als Köder zu verwenden.

Was wir da entdeckt hatten, wurde uns klar, als wir uns näher über die Art informierten. Der Fisch stammt aus Kamtschatka und aus Nordkorea. Russische Biologen haben ihre Forschungsobjekte in Moskau als Zierfisch verkauft. Seitdem wandert die Art beständig, wenn auch langsam Richtung Westen. Auf ihrem Weg Richtung Westen, machte sie die Gewässer des Naturparks "Tiefe Seen" bei Moskau Amphibien- und fischfrei.
Die Schläfergrundel gehört nicht zu den Grundeln, sondern sie ist eine Vertreterin der Familie der Zahn-Schläfergrundeln. Deshalb fehlt die Saugscheibe der echten Grundeln.
Die max. Länge beträgt 25 cm.
Im Gegensatz zu den eingeschleppten ponto-kaspischen Grundeln lebt diese Art in pflanzenreichen Stillgewässern. Strömung meidet sie.
Mehr als 50 % aller Nachweise der Art stammen aus der Umgebung von Fischzuchten. Vermutlich kommt die Schläfergrundel mit Karpfenlieferungen in Osteuropa. In einem Teichgebiet in der Nähe des Fangortes wurde die Art bereits vor 3 Jahren nachgewiesen.
Der Graben, in dem unser Fisch nachgewiesen wurde, verbindet Karpfenteiche mit der Naab.
Im Graben und in der Naab wurde die Art zahlreich nachgewiesen. Ich denke, das war der 1. Nachweis für die Art in Deutschland in einem offenen Gewässer. Jetzt ist die Art nicht mehr zu stoppen. Die Verbreitung erfolgt über die Naab in den Donauraum. Für noch gefährlicher halte ich die Verbreitung der Art mit Besatzfischlieferungen. Ich halte die Teiche für stark befallen mit der Amur-Schläfergrundel.
Wir haben in Verbindung mit der örtlichen Fischerei die zuständigen Organisationen und Behörden informiert. Darauf hin wurden zahlreiche Warnungen herausgegeben.


Hier die Vorwarnung des BfN: https://www.aid.de/presse/archiv.php?mode=beitrag&id=7524
Hier mehr Informationen.: http://www.fishbase.org/summary/Perccottus-glenii.html

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LL

Toni
04.05.15, 10:23
Danke und Scheiße! Ich will mal hoffen, das die Biester wenigstens nicht auf natürlichem weg zu uns Hochkommen. Den Grundeln war es zu Glück bisher zu kalt im Inn.

Hecht32
28.11.15, 11:51
Hallo, ich habe die Amur Schläfergrundel damals als erster gefangen. Die Grundel wurde zufällig beim Köderfischfang erbeutet. Bis Heute haben wir schon mehrere Aktionen mit Naturschutz und Fischereibehörden durchgeführt.
Fakt ist, der Fisch ist in den teilweise sehr flachen und kleinen Gräben weit verbreitet.
In der Naab haben wir noch keinen gefangen. Weder mit der Angel, noch beim Elektrofischen. Die Aussage, das die Amurgrundel dort häufig vorkommt ist nicht richtig! Was natürlich nicht bedeutet, das er hier nicht vorkommt. Eine massenhafte verbreitung wie bei den anderen Grundelarten ist bisher aber nicht zu beobachten.
Ich hoffe ich konnte ein wenig zu Aufklärung beitragen.

Hecht32
28.11.15, 12:00
Hier noch ein Foto. Größere wurden noch nicht gefangen.

7519

Steini (verstorben am 06.09.2019)
28.11.15, 15:36
Infos aus erster Hand so zu sagen....:top:
Danke Hecht32
und herzlich willkommen im Forum.

Günter
28.11.15, 19:41
Das bekräftigt meine Meinung nur heimisch (regionale) aufgezogene Fische in offene und auch in Aufzuchtteichen zu Besetzen.
Da ist dann die Gefahr geringer das fremde Fische eingebracht werden.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
29.11.15, 06:07
Hallo Hecht32

wir hatten damals öfter in der Sache telefoniert.
Mein Bekannter aus NL war damals bei dir.

Die restlichen Schläfergrundeln sind durch das größte Exemplar im Aquarium nach und nach gefressen worden. Die Futterrotaugen haben alle überlebt.
Das große Exemplar griff offensichtlich keine Fische an, die höher standen als der Räuber selbst.
In aller Regel standen die Räuber dicht über Grund. Gründlinge am Boden wurden ohne Probleme genommen.

Ob dieses Verhalten für die Art typisch ist oder nur von diesem einen Tier gezeigt wurde ist schwer zu beurteilen.

Die wirkliche Gefahr geht von Karpfenlieferungen aus. Die Art ist nachweislich in den Karpfenteichen und in den Verbindungsgräben zwischen Karpfenteichen und der Naab.
Auch ohne Fangnachweise in der Naab selber, die Art kann aus den Gräben in die Naab gelangen, spätestens, wenn die Teiche abgelassen werden.
Das Fließgewässer Naab ist nur eine Wanderroute, kein geeigneter Lebensraum. Die Art meidet die Strömung. Ihr Biotop sind kleinere, pflanzenreiche Stillgewässer.
Dass die Art nicht in der Naab gefangen wird, ist daher kein Wunder, wenn sie die Wahl hat, steht sie in den Gräben. Durch die Naab kann sie aber z. B. durch Verdriften neue Gewässer erreichen.

Bis zu 70 % der neuen Funde der Art sind im Umfeld von Fischzuchten gelegen.


Den Bedarf an Karpfen zu Speise- und Besatzzwecken können wir aus eigener Produktion nicht decken. Es werden deshalb jedes Jahr massenhaft Karpfen aus Osteuropa importiert.
Diese werden zudem kreuz und quer gehandelt. Da auch die Schwarzmaulgrundel schon massenhaft in Baggerseen vorkommt, ist die Gefahr sich solche Arten ins Gewässer zu holen extrem hoch.

Die Zeiten, als man den Fisch über die Rampe besetzt hat, sind vorbei. Beim Besatz sind die Fische in eine Fischwanne zu setzen. Dann werden jeweils nur die Besatzfische eingesetzt.
Wenn nachher andere Arten in der Wanne zurückbleiben, gibt es 2 Möglichkeiten:
-wenn ich den Fisch bestimmen kann und er ins Gewässer passt, besetz ich ihn.
-Kann ich den Fisch nicht sicher bestimmen kann oder ist es eine eingeschleppte Art, wird der Rest zu Hühnerfutter.

Die Amur-Schläfergrundel ist eine Schläfergrundel, keine Grundel!
Es fehlt deshalb auch die Saugscheibe der Ponto-kaspischen Grundeln.
Gut erkennbar sind 3 schwarze Streifen seitlich am Kopf. Diese 3 Streifen treffen sich am Auge.


LL

Hecht32
29.11.15, 10:19
Hallo Lotalota,
mit Jan habe ich erst letzte Woche geschrieben. Netter Kerl!
Meine A-Grundeln fressen alles was sie überwältigen können. Sie kommen auch sofort an die Oberfläche um kleine Fische oder auch ein Stück Wurst zu holen!
Die Amur- Grundel scheint zu den intelligenteren Fischen zu gehören. Vergleichbar mit Barschen. Sie beobachten sehr genau und wissen wann es etwas zu Fressen gibt.