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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kormoranvergrämung in Hessen



Mathias
11.02.19, 00:14
Hallo Kollegen,

unser Vorstand hat heute beschlossen, einen Antrag auf letale Vergrämung von Kormoranen zu stellen.

Wir bewirtschaften u.a. ein Fließgewässer der Forellen- und Äschenregion für das der Antrag gestellt werden soll.

Fakt ist, dass unser Gewässer hier unter massiven Einflügen leidet und wir seit Jahren tatenlos zusehen müssen, wie unsere Arterhaltungsversuche (Äschen) Jahr für Jahr in Kormoranmägen verschwinden. Wir können im Rahmen von Elektroabfischungen neben ein paar wenigen übriggebliebenen juvenilen Äschen auch die FFH-II-geschützte Groppe nachweisen. Wir wollen den Kormoranfrass nicht länger hinnehmen.

Aufgrund der aktuellen politischen Konstellation ein schwieriges Unterfangen. Ein Nachbarverein scheiterte mit einem Antrag für die Lahn, weil der Abschnitt als Barbenregion eingestuft wird. Ein einzubringendes und möglicherweise erfolgloses fischereibiologisches Gutachten hätte einen vierstelligen Betrag gekostet, das war zu teuer.

Gibt es hier Erfahrungen mit Vergrämungsanträgen insbes. aus Hessen? Was muss man beachten, gibt es Tipps, Links o.ä.?

Vielen Dank!

Mit Grüßen aus Mittelhessen
Mathias

Thomas
11.02.19, 19:31
Letale Vergrämungen? Das beißt sich bereits logisch inniglich, eine Vergrämungsmaßnahme kann per se ja nur non-letal erfolgen. Semantisch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vergr%C3%A4mung

Wenn ihr mit antraglichen Schriftstücken solcher Machart auftretet, werdet ihr allenfalls Gelächter ernten.

Sorry, Mathias.

Mathias
12.02.19, 00:19
Danke für die Antwort Thomas.

Lustig ist das nicht. Das passt so. Das steht so in Anträgen.

Weisst Du, was passiert, wenn man einen Kormoran, möglichst einen Späher, abknallt? Man vergrämt die anderen, zumindest kurzfristig. So einfach ist das. Im Optimalfall.

Thomas
12.02.19, 10:06
So einfach ist das eben nicht. Ihr wollt Abschüsse beantragen, um im "Optimalfall kurzfristig" andere Kormorane zu vergrämen. Es ist hinlänglich bekannt, dass solche Maßnahmen keinen Erfolg zeitigen.

Manche Kormorane würgen unter Stress ihre Beute wieder hervor, der Energiebedarf der vergrämten Kormorane steigt durch die Scheuchaktion. Und wo werden sie diesen erhöhten Energiebedarf decken? An euren Vereinsgewässern ...

Mathias
12.02.19, 10:34
So einfach ist das eben nicht. Ihr wollt Abschüsse beantragen, um im "Optimalfall kurzfristig" andere Kormorane zu vergrämen. Es ist hinlänglich bekannt, dass solche Maßnahmen keinen Erfolg zeitigen.

Manche Kormorane würgen unter Stress ihre Beute wieder hervor, der Energiebedarf der vergrämten Kormorane steigt durch die Scheuchaktion. Und wo werden sie diesen erhöhten Energiebedarf decken? An euren Vereinsgewässern ...

Lieber Thomas,

ich bin nicht hier, um das Für oder Wider von Vergrämungsmassnahmen zu erörtern, sondern auf der Suche nach Unterstützung und nach erfolgreichen Beispielen. Die endlosen Diskussionen wurden längst geführt und führen zu ziemlich eindeutigen Ergebnissen.

Motto Gewässerwarte-Forum:
"Wir wollen nicht belehren, nicht bekehren und schon gar nicht missionieren.
Wir wünschen Austausch und wir wollen Informationen bündeln und zugängig machen"

Thomas
12.02.19, 12:20
Erfolgreiche Maßnahmen? Überspannungen bei Teichanlagen.

Eingriffe in Brutkolonien sind ebenfalls nicht euer Thema, ihr habt ja ungebetene Wintergäste.

Auch ich will weder belehren noch bekehren, aber sinnlose Maßnahmen mag ich dennoch nicht unterstützen.

Sorgt für ordentliche Struktur in euren Gewässern, Besseres kann ich nicht empfehlen.

Mathias
12.02.19, 14:12
Erfolgreiche Maßnahmen? Überspannungen bei Teichanlagen.

Eingriffe in Brutkolonien sind ebenfalls nicht euer Thema, ihr habt ja ungebetene Wintergäste.

Auch ich will weder belehren noch bekehren, aber sinnlose Maßnahmen mag ich dennoch nicht unterstützen.

Sorgt für ordentliche Struktur in euren Gewässern, Besseres kann ich nicht empfehlen.

Thomas, was Du als sinnlos bezeichnest, hat sich in der Praxis andernorts bestens bewährt und ist hinreichend dokumentiert. Jedenfalls besser, als die Hände in den Schoss zu legen und zuzusehen, bis die Fischbestände auf 5-10 % oder Nahe 0 reduziert sind. Die Äschen haben es eh schon schwer und jetzt kommt noch der Kormoran obendrauf.

Überspannungen bei Teichanlagen sind m.E. ethisch nicht zu rechtfertigen. Mir ist ein Fall bekannt, da kam ein Steinadler zu Tode. Ganz zu schweigen von den anderen Wasserbewohnern.

Strukturverbesserung? Wir haben den naturbelassensten Bach weit und breit, jährlich kommt eine begeisterte Unidozentin mit ihren Studenten und lobt den Bach auf's Höchste. Da liegen auch zig Äste und Totholz drin. Die Kormorane stört das nicht. Sie jagen in Gruppen zu 15 Stück die armen Fische den Bach hoch und veranstalten ein Gemetzel, wenns nicht mehr weitergeht.

Thomas
12.02.19, 19:53
Hätte der Mensch die Hände jederzeit in den Schoß gelegt, wäre das aus heutiger Sicht besser gewesen, ja. Hat er aber nicht.

Dadurch sind die Probleme offensichtlich erst entstanden.

Habt ihr noch Querbauten im Bach? Staustufen ... was auch immer?

Mathias
12.02.19, 23:28
Hätte der Mensch die Hände jederzeit in den Schoß gelegt, wäre das aus heutiger Sicht besser gewesen, ja. Hat er aber nicht.

Dadurch sind die Probleme offensichtlich erst entstanden.

Habt ihr noch Querbauten im Bach? Staustufen ... was auch immer?

Bei uns hier nicht, weiter oberhalb sind ein paar Wehre.

Gäbe es den Menschen nicht, hätten wir jetzt auch keine Probleme. LOL :Pils:

Steini (verstorben am 06.09.2019)
12.02.19, 23:33
@Mathias
Da hat Thomas einen anderen Standpunkt, habe ich auch schön öfter bemerkt.:lachen:
Er ist kein Praktiker, der Lösungen für Einzelfälle suchen muss.
Wenn das Vergrämen mit der Flinte nicht funktionieren würde, würden die Teichwirte das sicher nicht so viel tun.
Alternativen sind teuer, aufwendig und oft auch nicht unproblematisch.
Aber ich glaube nicht das man einen Bach mit der Flinte schützen kann, wenn dort viele Kormorane durchziehen.
Wenn bei Euch noch Äschen sind, dann sind es auch nicht so viele Kormorane.
Ich denke in ganz Norddeutschland ist die Äsche verschwunden.
Auch dort wo Jäger begeistere Fliegenfischer am eigenen Bach waren und so stolz waren auf Ihre norddeutschen Großäschen bis über 60cm

Ja Thomas der Kormoran ist in einer heilen Welt kein Problem.
Das Problem ist eher, das schon in Deutschland über 80 000 000 Menschen leben.
Wenn Wir 79 900 000 abschaffen, kommen die Fische auch mit den vielleicht 3000 Anglern und den Kormoranen zurecht.

Aber an natürliche Struckturviellfalt ist auch der Kormoran angepasst,es behindert Ihn, mehr aber wohl auch nicht.
Da ist er ganz wie die Angler, man kann Stuckturen lesen und lehrnen wo die Fische sich sammeln.

Eis schützt Fische, Kraut schützt Fische, trübes Wasser und die Nacht sicher auch.

Mathias
13.02.19, 11:00
@Mathias
Da hat Thomas einen anderen Standpunkt, habe ich auch schön öfter bemerkt.:lachen:
Er ist kein Praktiker, der Lösungen für Einzelfälle suchen muss.
Wenn das Vergrämen mit der Flinte nicht funktionieren würde, würden die Teichwirte das sicher nicht so viel tun.
Alternativen sind teuer, aufwendig und oft auch nicht unproblematisch.
Aber ich glaube nicht das man einen Bach mit der Flinte schützen kann, wenn dort viele Kormorane durchziehen.
Wenn bei Euch noch Äschen sind, dann sind es auch nicht so viele Kormorane.
Ich denke in ganz Norddeutschland ist die Äsche verschwunden.
Auch dort wo Jäger begeistere Fliegenfischer am eigenen Bach waren und so stolz waren auf Ihre norddeutschen Großäschen bis über 60cm

Ja Thomas der Kormoran ist in einer heilen Welt kein Problem.
Das Problem ist eher, das schon in Deutschland über 80 000 000 Menschen leben.
Wenn Wir 79 900 000 abschaffen, kommen die Fische auch mit den vielleicht 3000 Anglern und den Kormoranen zurecht.

Aber an natürliche Struckturviellfalt ist auch der Kormoran angepasst,es behindert Ihn, mehr aber wohl auch nicht.
Da ist er ganz wie die Angler, man kann Stuckturen lesen und lehrnen wo die Fische sich sammeln.

Eis schützt Fische, Kraut schützt Fische, trübes Wasser und die Nacht sicher auch.

Hallo Steini,

Wenn die Vergrämung von Kormoran mit der Flinte nicht funktionieren würde, dann gäbe es sicher auch nirgendwo die behördliche Erlaubnis, so etwas durchzuführen. Es kommt vermutlich darauf an, wie intensiv das betrieben wird.

Ganz abgesehen von der Effektivität an einem einzelnen Gewässer macht es generell durchaus Sinn, die Riesenbestände an Kormoranen, mit welchen wir es mittlerweile zu tun haben, zu dezimieren. Sicherlich wäre ein europaweites Kormoranmanagement, welches Länder und Regionen übergreifend funktioniert, dazu die beste Lösung. Aber kann man darauf warten ?

Die Äsche in unserem Bach ist laut fischereibiologischer Untersuchung im eigenen Gewässer reproduziert. Meines Erachtens stimmt das nicht. Die bei Elektroabfischung gefangenen Äschen entstammen meiner Meinung nach aus unseren Besatzmassnahmen, denn größere Äschen als handlang wurden nicht dabei entdeckt. Diese und andere Fische (Bachforellen, Groppen) gilt es zu schützen.

Hallo Thomas,

es ist nicht die einzige Massnahme, mit der wir unsere Gewässer schützen wollen. Wir kämpfen an zwei weiteren Fronten (Abwassereinleitung, Glyphosatverbot), die dem Gewässerschutz dienen. Es gibt aber auch Aspekte, gegen die man nicht ankommt wie ein Verbot der Antibabypille überspitzt gesagt, bzw. deren Nichtfilterung in Kläranlagen. Man glaubt gar nicht, wie kleine hormonelle Bestandteile aus Abwässern die Gewässerökologie schädigen. Hast Du nur noch Rogner, klappt die Reproduktion auch nicht. Kann man Hormone aus Abwässern filtern? Warum wird das nicht flächendeckend angeordnet?

AlexX!!
13.02.19, 16:57
Kann man Hormone aus Abwässern filtern? Warum wird das nicht flächendeckend angeordnet?

ja das kann man machen, mit einer 3. Klärstufe, per Aktivkohle Filter.
Ich kenne KA´s die das tun, z.B. Sindelfingen, dort ist das Wasser, welches aus
der KA kommt chemisch fast sauberer als das im Bach.

Die Aktivkohle nimmt fast alles raus, auch Medikamente und Co.

warum nicht flächendeckend.. ganz einfach, weil die Kommunen die Zeche zahlen müssen
und sauberes Wasser im Bach aktuell den Gemeinden nichts wert ist, bzw kaum Einnahmen erzeugt.
einfache Kosten/Nutzen Rechnung.. dann ist das Projekt vom Tisch.

Gruß

Thomas
13.02.19, 17:14
Hallo Steini,

Wenn die Vergrämung von Kormoran mit der Flinte nicht funktionieren würde, dann gäbe es sicher auch nirgendwo die behördliche Erlaubnis, so etwas durchzuführen. Es kommt vermutlich darauf an, wie intensiv das betrieben wird.

...

Hallo Thomas,

es ist nicht die einzige Massnahme, mit der wir unsere Gewässer schützen wollen. Wir kämpfen an zwei weiteren Fronten (Abwassereinleitung, Glyphosatverbot), die dem Gewässerschutz dienen. Es gibt aber auch Aspekte, gegen die man nicht ankommt wie ein Verbot der Antibabypille überspitzt gesagt, bzw. deren Nichtfilterung in Kläranlagen. Man glaubt gar nicht, wie kleine hormonelle Bestandteile aus Abwässern die Gewässerökologie schädigen. Hast Du nur noch Rogner, klappt die Reproduktion auch nicht. Kann man Hormone aus Abwässern filtern? Warum wird das nicht flächendeckend angeordnet?


Wer glaubt, dass staatliche Behörden ausschließlich vernünftig entscheiden und anordnen, glaubt vermutlich auch an den Weihnachtsmann.

Erst einmal Grundsätzliches zu unserem Miteinander hier. Vielleicht mal der richtige Zeitpunkt für Klartext. :Pils:

Es gibt hier bei uns im Forum keine Meinungshoheit, stattdessen vielmehr Meinungsfreiheit und -vielfalt. Das wollen wir so und werden dieses Gut auch unter Einsatz all unserer Kräfte schützen.
Auf dass die Einfalt aber möglichst außen vorbleibe, ein inniger Wunsch von vermutlich allen. :;:

Die von Dir genannten (weiteren) Ansätze, Mathias, sind zu begrüßen, denn Äschenpopulationen werden natürlich nicht nur durch schwarzgefiederte Wintergäste beeinträchtigt. Weitermachen, guter Weg.

Rückstände von Pharmazeutika in Grundwasser, Seen, Flüssen, Meeren sind ein großes, bisher annähernd ungelöstes Problem.

Und nein, Alex, Aktivkohle kann nicht alle Kata- u. Metaboliten solcher humanogenen Stoffe herausfiltern.

Mathias
13.02.19, 23:36
Hallo Alex,

Danke für den Hinweis. Es gibt sie eben doch, die positiven Vorreiter. Mit Deiner Einschätzung liegst Du goldrichtig. Habe zum Thema schönen Bericht auf SPON gefunden. Hoffentlich kein Relotius. :lachen:
Muss mal die Grünen bei uns fragen, warum wir im Ort nicht mit Aktivkohle den ganzen Bullshit rausfiltern. Die Klärstufe bezahlen könnte doch die ortsansässige Schwerindustrie, die ihr Kühlwasser in die Lahn entsorgt. Da haben wir auch noch ein Thema am Hals. :sauer:

http://m.spiegel.de/wissenschaft/technik/klaeranlagen-neue-technik-fuer-sauberes-wasser-a-1211863.html

Hi Thomas, danke für die Ermunterung!

@Alle: Ich weiß, dass es in Hessen auch unter der jetztigen Schwarzgrünen Regierung erfolgreiche Anträge auf letale Vergrämung gab. Ich meine jetzt nicht Teichwirte, für die ist die Genehmigung kein Problem. Ich meine AngelVereine. Wenn wer wen kennt, der jemand kennt, wäre mir evtl. schon geholfen. Fragen kostet ja nix! Danke für Euer Ohr!