PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was bringt Fischbesatz wirklich?



Thorsten
10.01.11, 22:41
Ich stelle mir als Gewässerwart schon länger immer wieder dieselbe Frage:

Bringt Fischbesatz wirklich mehr Fische übers Jahr gesehen?
Persönlich möchte ich nur den natürlichen Ertrag eines Gewässers abschöpfen, da ich das für den sinnvollsten und nachhaltigsten Weg im Umgang mit unseren Gewässern erachte. Diesen Grundtenor bekommen ich auch aus den meisten Untersuchungen und Studien, die ich zu diesem Thema gelesen habe.
Die Meinung mancher Mitglieder, nach viel Fisch, Fangerfolg, Spaß hat aber zumindest aus Vereins - und Mitgliedersicht durchaus auch eine Rechtfertigung.

Viele Studien und Besatzbroschüren legen nahe, dass Besatz in der Regel eher keinen Erfolg verspricht, insbesondere wenn sich die Art selbst reproduzieren kann. Damit gehe ich auch dakor. In der Realität geben jedes Jahr viele Vereine viel Geld aus für den Besatz, aber wird auch der Nutzen nüchtern analysiert, was kommt netto heraus?

Klar bringt Fischbesatz etwas, wenn sich die Arten nicht selbst im Gewässer fortpflanzen können, und Nahrung ungenutzt bleibt. Aber wie sieht es aus, wenn die Arten sich regulär fortpflanzen? Wird der Ertrag des Gewässers wirklich gesteigert, kommen also Netto mehr Kilogramm pro Jahr heraus als vorher, oder bleibt die Biomasse mittelfristig gleich, oder sinkt sie vielleicht sogar durch den Besatz, da die Nahrungsgrundlage der Fische überfordert wird?

Kann man in diesen Mechanismus wirklich eingreifen, oder macht man sich und den Mitgliedern damit eher etwas vor? Meine bisherigen Auswertungen aus meinem Verein scheinen eher letzteres zu stützen.

Ich möchte das Thema Fischbesatz hier ganz nüchtern analysieren. Also die persönlichen Vorlieben (nicht die Meinungen und Thesen) weitestgehend ausklammern, und bestenfalls nur anhand belastbaren Materials meine Frage thematisieren.

Jetzt mein persönlicher gedanklicher Ansatz dazu:

Ich gehe bei dieser Frage zunächst mal davon aus, dass nur die Naturnahrung im Gewässer genutzt wird, kein zusätzliches Futter eingebracht, und die Fische nicht wieder entnommen werden, sich also in die Nahrungskette einfügen müssen.

Moralische und gesetzliche Betrachtungen würde ich für die Diskussion ausklammern. Nicht weil sie mir nicht wichtig sind, im Gegenteil, sondern weil es mir in diesem Thema rein um die Nutzenbetrachtung geht. Die Entnahme durch uns oder den Kormoran klammere ich zunächst ebenfalls aus.

Den weiteren Rahmen möchte ich offen lassen, und hoffe auf eine angeregte Diskussion.
Also, wenn wir die Menge X einsetzen, ist dann nach einem Jahr noch diese Menge X zusätzlich vorhanden, oder gar X plus ein Zuwachs? Wenn jemand dazu fundierte Quellen hat, dann immer her damit.

Meine These:

Die Naturnahrung wird bei nicht vorhandenen Eingriffen in das Gewässer vollkommen genutzt. Bei zusätzlichem Besatz muss damit eine Konkurrenzsituation entstehen, die entweder dazu führt, dass der durchschnittliche Korpulenzfaktor der Fische sinkt, oder der besser konditionierte Fisch sich gegenüber dem schlechter konditionierten durchsetzen wird. Die Nettobiomasse würde dann aus meiner Sicht gleich bleiben, oder sogar sinken, wenn sich z.B. das Zooplankton nicht mehr schnell genug reproduzieren kann.

(Das Vermehrungs- und Nachwuchsverhalten des Zooplankton wäre auch mal ein sehr interessantes Thema für unser Forum, also wer sich damit auskennt, bitte loslegen)
__________________

Steini (verstorben am 06.09.2019)
11.01.11, 02:40
Gute Frage Thorsten!
Zunächst ist aber erst mal wichtig warum man meint Fische einsetzen zu müssen.
Oft genug leider, weil die Mitglieder es fordern und der Gewässerwart seine Ruhe haben will... Da hat keiner was von und das Gewässer kann geschädigt werden.
Ich denke das kennen wir leider alle, aber wir wollen es ja besser machen.

Also,
1. Ich nenne sie mal Spaßfische, also Arten die eigentlich nicht in das Gewässer hineingehören und sich dort auch selten vermehren.
Da denke ich an Regenbogenforellen in Baggerseen oder auch Karpfen!
Ich selber bin der Meinung, warum nicht, aber in gewässerverträglicher Menge.
(bei den Forellen freuen sich auch die Hechte)

2.Fische die von uns Anglern stark im Bestand beeinflußt werden.
So ne Art Gegenbesatz, um unnatürlich hohe Verluste auszugleichen.
Da denke ich an Rotfedern oder auch Hechte die sicherlich nicht nur stark befischt werden, sondern auch bis zum erreichen der Mindestgröße einige male am Haken hingen.
Wenn der teure Schluckhaken dann entfernt wurde.....
Sollte verboten werden mit Schluckhaken zu fischen!

3.Arten die in dem Gewässer fehlen, obwohl das Gewässer für sie als Habitat geeignet ist.
Das ist leicht, 1 oder 2 Jahre und dann läuft es von selbst.
(So war es mit den Welsen)

4a.Arten die in dem Gewässer zwar gute Abwuchsräume finden, sich aber nicht vermehren.
Da meine ich jetzt nicht die Spassfische!
Ich denke da mehr an Forellen in Bächen ohne vernünftige Laichmöglichkeiten.
Die haben dort eine Aufgabe und gehören zweifelsfrei auch hinein.
Könnten aber auch Hechte in Sandkuhlen ohne Pflanzen sein.

4b.Arten die in Ihrer Wanderung behindert werden, da muß man helfen auch wenn es nur eine Notlösung ist. (Aal, Lachs, u.s.w.)


5. Nach Fischsterben

6.Impfen, wir haben eine Anzahl sehr kleine Gewässer wo die Anzahl der Einzeltiere sehr gering ist.
So ist nie sicher, ob sich noch Laichfische im Gewässer befinden.
So setzen wir da so im Jahr 5 Hechtlein, Schleien und ein paar Karauschen.
(Mögen so 10€ sein)


So mehr fällt mir erst einmal nicht ein.

Die Gegenseite!
Der Besatz mit Futterfischen, für mich Quatsch!

Oft werden auch große Barsche besetzt da nur noch kleine gefangen werden.
Auch so ein Ding, sollten sie den Transport überstanden haben werden sie verhungern.
Wär ich Barsch, würde ich mich am nächsten Tauwurm aufhängen um nicht zu verhungern.

Ach ja kommt auch gut, Verbuttung!:hmm:
Blutauffrischen, weil Inzucht und darum sind alle so klein. Nein, Futtermangel!

Klasse, jetzt auch noch die Stämme verloren!
Noch ne kleine Krankheit dazu?

Es sollen ja selbst Brachsen in großer Zahl als Besatz verkauft werden!
Die Gewässer wo so etwas nötig ist, will ich mal kennenlernen.
Brachsen kommen nun wirklich überall klar....
Nicht das ihr denkt ich mag sie nicht, mir sind nur solche Vereine oder Gewässer unheimlich.
Gegen den Trend im Gewässer besetzen ist mindestens teuer.
( oder nur blöd )

Thorsten,
ich denke weniger ist oft mehr.

Ich beginne schon zu überlegen ob es nicht besser ist den Aalbesatz einzustellen.
Warum?
Weil wir fast 40% für Aalbesatz ausgeben, obwohl wir an der Grenze zum Brakwasser sind.
Nur so, bekommen die Angler mit was da läuft.
Leider fehlen dann aber die Laichfische.

mfG Steinbeißer

Der Siedler
11.01.11, 11:04
Moin moin zusammen,

zuerstmal möchte ich mich kurz vorstellen, mein Name ist Hagen, ich bin so um die 40 Jahre veraltet und seit letztem Jahr im Vorstand unseres Vereines. Eigentlich alsl Schriftführer und Medienonkel.... aber es kristalisierte sich heraus, dass sich jemand auch um Gewässerfragen kümmern musste..... Tjoa, also bin ich unter anderem Fischereiaufseher und Anwärter auf Gewässerwart in unserem rund 700 Mann starkem Club. Insgesamt betreuen wir ca 40ha Seen und momentan noch 12km Fluss... kann aber auch 24 werden. Nun ja, die Gewässerwarteschunlungen waren natürlich schon voll ergo, diesen Herbst gibt es den ersten Kurs, danach den zweiten, anschliessend E-Fischen, so Gott will ....

Nun mal kurz zum Thema,
Bei uns war es bisher so, das auf Teufel komm raus besetzt wurde, wonach die Mitglieder am lautesten schrien. Das hatte zur Folge, das auch Welse vor gut 15-20 Jahren besetzt wurden... 100 Stück haben die auf einen 10ha großen See gepflanzt. Aber Rotfedern und Brassen sind dort Mangelware, trotzt Besatz. Die Gründe dafür können aber auch zusätzlich Barsche sein und zuviele Karpfen sein.
Eigentlich müsste man diesen Seen leeren, ausbaggern und neu bestücken. Das geht aber nicht. Oder man überläßt sich den See sich selbst, in 10 Jahren dürfte der Bestand wieder o.k. sein.

Nach meinen bisherigen Erkenntnissen, kann Besatz hilfreich sein, also als Unterstützung, berücksichtigt man den Ertrag von maximal 25kg /ha aus natürlicher Reproduktion wenn es perfekt läuft. Als Grund kann ich sagen, dass wir auch viele Mitglieder haben, die gerne Brassen und Co. futtern.
Da reicht der natürliche Nachwuchs einfach nicht aus.


So, nun noch eine Sache,
super, dass es endlich ein Forum für Gewässerwarte & Co gibt!!
Darauf habe ich gewartet!

Schöne Grüße
Hagen

Thorsten
11.01.11, 11:39
Hallo Siedler,

und herzlich willkommen im Forum. Es freut mich, dass du auf das Forum gewartet hast :grins: Ich wünsche dir viel Spaß und einen spannenden Gedankenaustausch.

PS: Du kannst dich gerne in der Vorstellungsrunde (http://www.gw-forum.de/forumdisplay.php?9-Vorstellungsrunde) nochmal vorstellen, nicht, dass die anderen dich alle hier im Thema begrüßen. :grins:

So wieder on topic:

@ Steinbeißer und Siedler

Dass oft zuviel und falsch besetzt wurde ist sicher unstrittig. Mir geht es bei meiner Fragestellung aber nicht um die moralische Ebene, die Fragwürdigkeit von Spaßbesatz oder die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung. Das sind alles Punkte, die mir extrem wichtig sind, aber in diesem Thema will ich ausloten, ob es grundsätzlich überhaupt möglich ist die natürliche Ertragsfähigkeit zu steigern, ohne dass zugefüttert wird, und wenn ja, unter welchen Prämissen.

Aus meiner Sicht sollten wir, wenn wir diese Frage beantworten können, im Umkehrschluss auch genau zeigen können, wann der Besatz keinen Sinn macht. Aus meiner Erfahrung im Verein kommt man dann mit so einer Darstellung in der Argumentation mit den Mitgliedern weiter, wenn sie sehen und verstehen warum etwas nichts bringt. (Ich hoffe ihr seht, in welche Richtung ich mit dem Thema will)

Ich werfe mal in den Raum, dass Fischbesatz unter meinen Prämissen etwas bringt, wenn es eine Nahrungsquelle im Gewässer gibt, die von den bisherigen Arten nicht genutzt wird. (ob man so eine finden würde sei mal dahingestellt)

Dazu meine These aus meinem Eingangspost, quasi der Umkehrschluss:

"Die Naturnahrung wird bei nicht vorhandenen Eingriffen in das Gewässer vollkommen genutzt. Bei zusätzlichem Besatz muss damit eine Konkurrenzsituation entstehen, die entweder dazu führt, dass der durchschnittliche Korpulenzfaktor der Fische sinkt, oder der besser konditionierte Fisch sich gegenüber dem schlechter konditionierten durchsetzen wird. Die Nettobiomasse würde dann aus meiner Sicht gleich bleiben, oder sogar sinken, wenn sich z.B. das Zooplankton nicht mehr schnell genug reproduzieren kann."

Siedler nochmal kurz auf die 25 kg/ha zurück, die du ansprichst. Ist das ein Wert aus einem eurer Gewässer? Aus deinem Posting verstehe ich es so, dass du das als allgemein idealen Wert verstehst?

Steinbeißer, ich habe bei dir heute morgen den Satz mit den Brassen wohl überlesen. Ich habe ein Gewässer, wo sie sich nicht vermehren. Hatte dazu auch mal woanders nen Beitrag erstellt. Den stelle ich heute mal ein (http://www.gw-forum.de/showthread.php?261-Jungfischprobleme-bei-Brassen-im-Hecht-Schleien-See), dann können wir darüber diskutieren:grins:

Der Siedler
11.01.11, 12:29
Vorstellungsrunde.... hatte ich nicht gefunden, mach ich aber, danke für den Hinweis:Klatsche:

25kg im Idealfall,
ich lasse mich mindestens bis Gewässerwartekurs 2 abgeschlossen ist von zwei Leuten (neben dem Kreisfischereiberater) beraten, die diese Kurse hinter sich haben und sich intensievst mit den Themen befassen.
Dieser Wert ist ein Richtwert für Seen , also ein Durchschnittswert.
Einer dieser Personen ist der Leiter der OFB bei uns, und Vereinsmitlied, der andere Betreiber eines Angelsportgeschäfts und langjähriger Gewässerwart in einem ebenso großen Verein. Ich denke, diese Werte sind durchaus verläßlich.


Zu Deinem Ziel, das ging irgendwie in an mir vorbei :schreck:.
Ja, ich denke dann, dass ein Besatz nur sehr kurzfristig den Ertrag steigern kann, denn die natürliche Nahrung ist damit auch schneller weg. Unter Zuchtbedingungen sähe das anders aus, aber da wird auch gefüttert. Ergo, nur bei übermäßiger Nahrungsschwemme bei gleichzeitig verringerter Reproduktionkraft, wird ein Besatz wirklich den Ertrag steigern können. Aber wo kommt das schon vor?
Selbst in der Natur geht der Ertrag immer nur kurzfristig auf ein Maximum, er wird sich nie wirklich auf ein gleichmäßiges Niveau einpendeln, da wenn es gut läuft mehr Fische da sind, aber auch schneller die Nahrung zu wenig wird, ergo weniger Fisch da ist, anschliessend mehr Nahrung usw.

Als Beispiel las ich mal etwas über Brassen, die sich so lange vermehren bis die Nahrung verschmunden ist, unter Umständen laichen sie nicht jedes Jahr.
Zitat Wikipedia:
"Wiederholt fallen regelmäßig ganze Jahrgänge der Brachsen aus, die Jungfische überstehen den ersten Winter vermutlich aus Nahrungsmangel (Ursachen unbekannt) nicht. Man kann dies als natürliche Populationsregulation der Art sehen, es gefährdet ihren Fortbestand nicht."

Nur in einem Punkt sehe ich bedenken,
wenn Euer Verein ähnlich dem unsrigen ist, dann kannst Du Dir den Mund fusselich reden, nur wenige werden selbst der besten Argumentation glauben schenken, schliesslich "können sie Angeln" sie wissen alles, vor allem besser.

Grüße
Hagen

Thorsten
11.01.11, 14:50
25 kg passt nach meinen Kenntnissen für einen Mesotrophen See (Typ Coregonensee) Bis 100kg/ha sind für einen gut befischten Hecht Schleien See durchaus machbar. (Gute fachliche Praxis fischereilicher Besatzmaßnahmen (http://www.gw-forum.de/showthread.php?63-Buchtipp-Gute-fachliche-Praxis-fischereilicher-Besatzmaßnahmen)). Knösche (http://www.gw-forum.de/showthread.php?74-PDF-Ordnungsgemäße-fischereiliche-Bewirtschaftung-natürlicher-Gewässer) erwartet in diesen Gewässern alleine für den Hecht einen Ertrag von 30 -50 kg/ha. Da würde ich an deiner Stelle nochmal nachhaken, wie das gemeint war.

Bei mir im Verein ist es so, dass kein Fischbesatz gegen fachliche Argumente, die ich vorbringe durchgeführt wird. Da habe ich die volle Rückendeckung der Verwaltung. Würde mein Amt sonst auch niederlegen.

Ich biete den Mitgliedern regelmäßig Diskussionsabende an, wo sie mir all ihre Bitten und Ideen über Besatz nahebringen können, (da es sonst die Versammlungen sprengen würde) und dann wird das Thema auf fachlicher Ebene abgehandelt und diskutiert. IdR. läuft es so, dass ich einen Besatzvorschlag mache, und den in der Verwaltung anhand von fachlichen Argumenten darstelle (Ich habe bei uns am See ein Rotfedern Projekt ins Leben gerufen) Sonst besetze ich in dem speziellen Gewässer eigentlich gar nicht, und zähle auf die Natur. Die anderen werden mit weiteren Vereinen bewirtschaftet, was das Thema etwas komplexer macht, aber auch da sind wir auf einem sehr guten Weg.

So nen kleinen Wehrmutstropfen habe ich noch mit dem Aal. Da werden so alle 2 Jahre noch 2-3kg vorgestreckte im See besetzt. Das finde ich nicht ideal, habe es aber für mich als Kompromiss akzeptiert, da dafür keine Karpfen und Hechte mehr in das Gewässer kommen.

Der Siedler
11.01.11, 16:38
Moin,

ja, ich werde das alles noch einmal ansprechen, aber erst nach dem ich es "gelernt" habe, ich setze mich doch bei denen nicht in die Nesseln :grins:

Kompromisslösungen ... tja, da stehe ich auch noch vor einem Berg. Es wurde über Jahre, vielleicht Jahrzehnte, jedes Jahr 500kg Karpfen besetzt.... ich werde das jetzt abstellen, aber was mach ich mit denen die da drin sind? Entnehmen und als Futter für nen Tierpark abgeben wäre eine Möglichkeit, aber dann hab ich die Karpfenangler am Hals. Umsetzen, mal abgesehen vom Verbot, in neue Seen ist genau so schlecht wie behalten.
Zur Zeit überlege ich sie alle zusammen in unseren Problemsee zu geben, da können sich die Carper dann mit diesen und den Welsen rumschlagen, die Fische machen das mit und die anderen Seen können mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Aber die Idee mit dem Diskussionsabenden ist sehr gut, die werde ich mal aufgreifen und umsetzen. Naja, zumindest anbieten.

Schöne Grüße
Hagen

Albert
11.01.11, 22:00
Eines vorweg gebe ich zu bedenken.
Einen Kiessee nach Wünschen von Anglern zu besetzen kann man machen, aber wo funktioniert sowas ohne Folgeprobleme.
Einer Auseinandersetzung mit Vereinsfreunden über Besatz mit zuviel Karpfen oder Hecht/Zander/Rebofo und Wels sowie großen Störarten hab ich nie gescheut. Meine Argumente waren immer die besseren und wenn man sich mit Lebensgemeinschaften in Stillgewässer beliest hat man auch die Überzeugungskraft dazu.
Informieren, Wege aufzeigen, Kontraproduktivität von Besatzgeldern herausstellen und die Schädigung einer funktionierenden Fischzönose.

Es machen sich einfach zuwenig Angler Gedanken über das Geschehen unter Wasser.
Ob Rebofo triploid sind und zu Fressmaschinen werden, ob eine Hechtsättigung erreicht ist, ob Zanderbesatz nicht unterliegt, ob Welsbesatz den Aalbesatz frisst.
Rotfedern, Plötzen, Ukelei und Moderlieschen, keiner weiß um das Verhältnis Raubfisch <--> Beutefisch.

Großkarpfen werden mehr und größer, man schimpft über ausbleibende Fänge von Schleien, über Raubfische mit sehr niedrigen Korpulenzfaktor und ruft nach Besatz, "Da ist nichts drinn" .
Ob die Nahrungsgrundlage für die vielen Besatzfische überhaupt gegeben ist, der Frage stellen sich nur wenige GW und wenn, dann werden sie mit dem reichhaltigen Erfahrungsschatz von Angelfreunden konfrontiert, die es besser wissen.
Die hat früher eh immer der Armleuchtergewächsrasen generft. Gott sei Dank ist der aus ihrer Sicht verschwunden. Warum wird nicht hinterfragt.

Achso, über höhere Beiträge wird auch geschimpft, da der jährliche Besatz immer teurer wird.

Also ich schreibs mal salopp: Als GW hat man da viel Brot zum kauen :;:

Der Siedler
11.01.11, 23:43
Als GW hat man da viel Brot zum kauen

Ich weiß worauf ich mich da ab übernächster Woche einlassen würde :Knüppel: :grins:

Steini (verstorben am 06.09.2019)
12.01.11, 02:52
Das wird jetzt der zweite Teil zu meiner Antwort und ich hoffe nun mehr auf die eigentliche Frage einzugehen.
Kann mit Besatz, die Menge der Fische im Gewässer bleibend erhöht werden?

Ich denke ja, aber nur unter bestimmten Umständen.
Einfach nur mehr Fische einsetzen bringt sicher nichts, wenn diese Art bereits im Gewässer vorhanden ist.
Da werden viele verhungern oder gefressen werden bis sich der Bestand wieder den Gegebenheiten im Gewässer angepasst hat.
Kann auch sein das sich Krankheiten ausbreiten, da ja alle Fische unter dem Mangel zu leiden haben und geschwächt sind.
So kann also mehr, auch weniger sein.

Wie aber kann man mehr erreichen?

Alle Arten sind gewissermaßen Spezialisten, mehr Arten bedeutet mehr Möglichkeiten.

Man kann auch versuchen die Nahrungsketten zu verkürzen.
Rotfedern fressen auch sehr viel Pflanzen, es können also im gleichen Gewässer mehr Rotfedern vorkommen als das bei Rotaugen möglich ist.
Noch besser ist sicher wenn beide vorhanden sind.
Krebse fressen ebenfalls Pflanzen und stellen oft ein wichtiges Futter für Hecht und Zander da.
Kleinkrebse tun dieses wohl auch, aber werden erst von anderen Fischen gefressen die dann erst den Räubern zukommen.

Nun mein Lieblingsgrund für Besatz!
Überbestand der Weißfische, zu erkennen an ihrer Verbuttung.
Worauf angeln wir am liebsten?
Auf die Raubfische, weil fast alle Raubfische auch super Speisefische sind.
Leider fehlen diese dann aber im Gewässer um die Weißfische daran zu hindern die Kleinkrebse an den Rand der Ausrottung zu bringen.
Folge, Algen werden nicht an der Ausbreitung gehindert.
Wenn Licht und Nährstoffe vorhanden sind, trübt sich bald das Gewässer ein und Wasserpflanzen am Grund sterben aus Lichtmangel ab.
Was nun?
Sauerstoffmangel am Grund des Gewässers und instabiele Lebensgemeinschafen im Oberflächenbereich.
Der Stoffwechsel im Gewässer hat Schaden genommen und sehr viel wird als Schlamm eingelagert.
Es herscht bleibender Futtermangel da sich das Gewässer nicht wieder erhohlen kann, solange so viele verbuttete Weißfische die Kleinkrebse kurz halten.
(Nach dem Umkippen, erholt es sich wieder, sollte aber wohl nicht der Weg sein)

Wasserpflanzen und klares Wasser sind viel stabielere Lebensgemeinschaften und bieten dann auch noch Versteckmöglichkeiten vor Feinden.
Folglich kann in solchen Gewässern auch mehr an Fischmasse möglich sein.

Ihr könnt nicht Glauben das Angler so viel Einfluss ausüben?
Schaut euch mal eure Fanglisten an!
Durchschnitsgröße der Hechte zu Euren Mindestmaßen.
Bei uns finde ich es erschreckend!
Erst seit dem Auftreten der Welse und Komoranen wachsen in vielen Gewässern die Weißfische wieder weiter.
Ich sehe daher zwei Möglichkeiten, entweder Raubfische schützen oder verstärkt besetzen.
Nicht das es immer so ist!
Aber oft in kleineren, stehenden Gewässern zu beobachten.
Das ist jetzt auch noch vereinfacht, die fehlenden Groß-Hechte ist noch etwas ganz anderes...
Ich hoffe ich gelte jetzt nicht als Ketzer:Knüppel:
Gruß, und Bett!

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
20.01.11, 22:43
Hallo,

es gibt 2 Denkmodelle.

Beim ersten besetze ich Fisch um einen Bestand aufzubauen, den ich dann nutzen möchte.

Beim zweiten Modell besetze ich den Fisch, den ich dann herausangeln kann.

Auf den ersten Blick kein Unterschied. Es kommt ein LKW und kippt Fische ins Wasser.

In Wirklichkeit ein Gegensatz wie er größer nicht sein könnte.

Bei Variante 2 bin ich nicht an Gewässerparameter gebunden. Das ginge auch im Freibad. Mit viel Geld kann ich hier einen gewaltigen Bestand an kapitalen Fischen aufbauen. Wie danach das Gewässer und die Vereinskasse aussehen wollen wir nicht hinterfragen.

ZU Variante 2 bin ich auch gezwungen, wenn sich die Zahl der Mitglieder zu sehr von den Möglichkeiten des Gewässers entfernt. Dann kommt der Punkt, wo keine Flachwasserzone und keine Laichbürste mehr helfen.
Wenn dann 100 Hechte besetzt werden, setzt der Angler sie wieder zurück, denn wenn der 100. entnommen ist, ist alles weg.
Bei Variante 1 und einer Beschränkung der Mitglieder, kann, ja muss ich jeden Hecht entnehmen um den hunderten Junghechten eine Chance zu geben.

Es ist nur nicht sicher, ob es ewig toleriert wird, dass Angler natürliche Gewässer die uns allen gehören, einseitig auf das Beangeln optimieren und Seen des Hecht-Schleie-Typs reihenweise durch Besatz mit Karpfen und Grasern in trübe, Pflanzenlose Brassenseen verwandeln. Der ursprüngliche, gewässertypische Bestand wird durch die Standard Baggerseemischung ersetzt.

Nicht umsonst werden die Angler bei der Hege immer mehr entmündigt.
Wobei der nette Beamte der Fischereibehörde es vermutlich nicht besser kann.


Bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung habe ich die Fische im Wasser für die ich Nahrung und Strukturen habe.
egal ob mit oder ohne Besatz.

Welche Fangmengen ich pro Hektar und Jahr erzielen kann, zeigen uns die Forellenparks.

Es ist zwar gegen die reine Lehre, aber mit Geld und ohne Fachwissen, kann ich zumindest in einem stehenden Gewässer sehr gute Fänge generieren.

Nur auf Dauer nicht ungestraft.


lotalota

Mattes
21.01.11, 00:34
Meines Erachtens haben sehr viele Vereine eigentlich die berechtigte Chance auf ihr Dasein verloren. Die bewilligten Mitgliederzahlen zur vorhandenen ha-Fläche Gewässer sind utopisch oder berücksichtigen ungeahnt den heutigen Passivanteil in hellseherischer Fähigkeit. Dieser hohe Passivanteil der Angler in einem Verein, trotz dessen sie die Legitimation hätten ans Wasser zu gehen, ist die einzige Berechtigung, die ich noch erkennen kann.

Will man den Wunsch der Versammlungen folgen, sind wir dazu verdammt große FoPus zu betreiben. Die Nachhaltigkeit kann und wird nicht funktionieren, wenn denn tatsächlich alle Berechtigten sich anschicken ihre Erlaubnis zu nutzen.

Hinzu kommt die Misere des Kompromisses. Ein reines Hecht-Schleien Konzept durch zu ziehen, bedeutet allen Karpfenfreaks vor den Kopf zu stoßen. Ohne die verliere ich jedoch weitere geschätzte 10% der Mitglieder und sacke damit in die Nicht-Finanzierbarkeit und somit in die Insolvenz.

Mein Lieblings-Rechenbeispiel ist der Anteil Hechte, der jedem Mitglied zu steht. Ich komme dabei auf grob 50 gr. Hecht p/a je Mitglied, wenn jeder die Angel in die Hand nähme. Anders gesagt, jeder, der einen mittleren Hecht entnimmt, entnimmt die Fangquote von 33 Mitglieder des natürlichen Zuwachses.

Ergo muss ich so besetzen, wie es den anglerischen Gewohnheiten des Vereins entspricht.

Was ich aber tun kann, ist, auf nicht einheimische verzichten. Auf das vorhandene Nahrungspotenzial Rücksicht nehmen und die Mortalität durch Hunger zu umgehen. Eigentlich müsste ich so gesehen mehrfach im Jahr besetzen, um dem vorzubeugen. Damit bewege ich mich aber immer mehr in Richtung FoPu, sprich kürzere Verweildauer im Wasser.

Diese Krux sieht man auch an höherer Stelle und ist nunmehr sogar bereit unorthodoxen Besatz gut zu heißen, um den Verein im Bestehen zu wahren.

Nachhaltig geht anders, oder?

Thorsten
21.01.11, 10:11
Hallo Lotalota,

die Problematik der Umwandlung von Hecht-Schleien Seen wurde früher allerdings auch durch die vorgeschriebenen Pflichtbesätze von Seiten der Verpächter und/oder der Fischereibehörde teilweise gefördert. Mein Verein musste z.B. früher Karpfen und Zander laut Vertrag in recht großen Mengen besetzen (Hecht Schleien See). Ich behaupte nicht, dass die Mitglieder darüber unglücklich waren

Ich bin aber auch der Ansicht, dass sich in dieser Richtung, wenn auch langsam, durchaus Fortschritte in vielen Vereinen erkennen lassen.



Bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung habe ich die Fische im Wasser für die ich Nahrung und Strukturen habe.
egal ob mit oder ohne Besatz.




Es ist zwar gegen die reine Lehre, aber mit Geld und ohne Fachwissen, kann ich zumindest in einem stehenden Gewässer sehr gute Fänge generieren.
Nur auf Dauer nicht ungestraft.
lotalota


Diese beiden Auszüge aus deinem Posting würde ich gerne etwas weiter vertiefen, da genau das die Fragestellung meines Eingangsposts ist.

Meine Meinung:
Ohne äußere Einflüsse würde sich der Fischbestand eines stehenden Gewässers so einpendeln, dass genau die Naturnahrung verbaucht wird, die in der gleichen Zeit produziert wurde.

Wie funktioniert das dann aber mit der Aussage deines zweiten Postings?

Wenn die Nahrungsgrundlage mengenmäßig gleich bleibt, müssten sich dann mehr Fische weniger Nahrung teilen, wenn sie nicht gleich wieder herausgefangen werden. Die Fopu Mentalität will ich ausgeklammert lassen, da die meisten Vereine 1 maximal 2 mal im Jahr Fische besetzen. Diese werden idR. ja nicht gleich herausgefangen, und müssen sich somit in das Nahrungsnetz einfügen. (Anfüttern ausgeklammert)

Somit würde es dann zu einer Konkurrenz um die Nahrung kommen, oder, wenn der ursprüngliche Bestand entsprechend unter der Nahrungsgrenze liegt, würde der Besatz mit den Fischen konkurrieren, die sonst natürlich aufkommen würden.

Ich hoffe du verstehst was ich meine? Bsp: Laut meinen Statistiken wurde bei uns früher 3 mal mehr H1 besetzt, als insgesamt gefangen wurden. Dabei wurde der Hecht immer stark beangelt. Das natürliche Aufkommen der Hechte wurde komplett übergangen. (klar Hechte konkurrieren eher um die Einstandsflächen, als um die Nahrung) Seit keine Hechte mehr besetzt werden, scheinen die Fangzahlen im normalen Bereich zu bleiben, was ja auch die Literatur so angibt bei einer natürlichen Reproduktion. Ist das dann bei den anderen Arten nicht auch so?

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
22.01.11, 02:42
Hallo Thorsten,

meine beiden Aussagen stehen nicht im Widerspruch, weil ihnen 2 grundsätzlich andere Annahmen zu Grunde liegen.

Zum einen eine nachhaltige, auf Dauer angelegt Bewirtschaftung, bei der ich nur den Überschuss entnehme. Hier ist es tatsächlich so, das ich die Fische habe für die Ressourcen da sind. Hier ist Besatz in der Regel nutzlos.

In dem anderen Fall habe ich den Forellenpark. als Beispiel angeführt.

Hier werden "Hektarerträge" erzielt, die sind im Vergleich zum Baggersee astronomisch.
Dabei ist es völlig egal wie das Nahrungsangebot im Forellenpark ist. Das schafft ein Forellenpark in dem er das Wachstum der Fische auslagert und sicherstellt, das die Fische sich nicht gegenseitig fressen. Das Angelgewässer ist nicht mehr Lebensraum für Fische, sondern Zwischenlager bis zum Fang.

Hätte ich das Geld und den Auftrag, die Fänge unter allen Umständen zu steigern ginge das wie folgt.

Besatz in möglichst kurzen Abständen.
Besatz mit ff Hechten und Zandern der gleichen Größe.
Regelmäßiger Besatz von "Futterfisch"
Besatz von "Hechtsicheren" Brassen, Schleien karpfen und Grasern und diese zufüttern.


Hier ist Besatz nicht nur wirksam, sondern das Kernelement des Ganzen. Im Extremfall ist jeder gefangene Fisch ein Besatzfisch.

lotalota

Mattes
22.01.11, 10:51
Guten Morgen,

mir geht bei der Diskussion eine Frage durch den Kopf.

Wie hoch ist wohl die negative Auswirkung von Anglern durch sein Handeln. Also die Ertragsminderung durch Fehlbesatz oder durch Einbringen von Biomasse, Sauerstoffzehrung, künstlicher Predatorendruck, etc.

Wie steht ein solches Gewässer im Vergleich zu einem völlig unberührten gleichgeartetem Gewässer dar?

Es gibt keine 500 Meter von meinem Gewässer ein solches ungerührtes auf umzäuntem Gelände. Ähnliche Größe, ähnliche Struktur. Nur fand dort seit 50 Jahren nie jemand Zugang.

Da ich Kontakt zu den Besitzern habe, könnte ich mal eine Anfrage riskieren, ob man dort mal eine Untersuchung ansetzen darf. Wäre ein netter Punkt auf der Agenda für das Treffen 2011.

Thorsten
22.01.11, 11:22
Hätte ich das Geld und den Auftrag, die Fänge unter allen Umständen zu steigern ginge das wie folgt.

Besatz in möglichst kurzen Abständen.
Besatz mit ff Hechten und Zandern der gleichen Größe.
Regelmäßiger Besatz von "Futterfisch"
Besatz von "Hechtsicheren" Brassen, Schleien karpfen und Grasern und diese zufüttern.

Hier ist Besatz nicht nur wirksam, sondern das Kernelement des Ganzen. Im Extremfall ist jeder gefangene Fisch ein Besatzfisch.

lotalota

Hallo Lotalota,

und Danke. Genau auf diesen Punkt wollte ich hinaus. Dieses System funktioniert nur, wenn die natürliche Nahrungssuche annähernd keine Rolle mehr spielt, bedingt durch die Geschwindigkeit bei der Besatzfolge, bzw. der Entnahme.

Das dürfte ja (hoffentlich) die absolute Ausnahme in naturnahen Gewässern sein.

Da Besatz ja meist nur 1mal im Jahr erfolgt, (so kenne ich das zumindest) wirdd dann dieser "Ertragssteigernde" Effekt eher gering bis nicht vorhanden sein, da die Fische idR. Nahrung aus dem Gewässer suchen müssen.

Da du über ein umfangreiches Fachwissen zu verfügen scheinst, würde mich deine (die der anderen natürlich auch) Meinung interessieren, ob es durch Fehlbesatz auch dazu kommen kann, dass man die Nahrungsgrundlage in ihrer Produktivität überfordert, und somit die Ertragsfähigkeit des Gewässers sogar senken kann?

(Wenn z.B. das Zooplankton schneller konsumiert, als produziert wird, würde das mMn. nicht nur zu Nahrungskonkurrenz der Fische führen, sondern eben auch zu einer daraus resultierenden geringeren Produktionsfähigkeit des Zooplanktons. Das System würde sich dann auf einem niedrigeren fischereilichen Ertragsniveau wieder einpendeln.
Ist das so theoretisch möglich, oder schieße ich da gedanklich daneben?

Wenn ich dabei Mattes Beitrag richtig verstanden habe, zielt seine Frage ja unter anderem auch mit in diese Richtung der Beeinflussung der Gewässer durch uns Angler?

Thorsten
22.01.11, 11:29
Da ich Kontakt zu den Besitzern habe, könnte ich mal eine Anfrage riskieren, ob man dort mal eine Untersuchung ansetzen darf. Wäre ein netter Punkt auf der Agenda für das Treffen 2011.

Hallo Mattes,

die Idee finde ich reizvoll. Aber um daraus etwas solide ableiten zu können, bräuchte man quasi 2 identische Gewässer, um wirklich einen Vergleich ziehen zu können sonst bekommen wir da keine belastbare Aussage.

Ich frage mich auch, ob wir das über haupt genau genug messen könnten? O² pH, und was sonst elektrisch messbar ist, sicher. Wenn Albert seine photometrische Ausrüstung mitbringt ggf. auch die weiteren Werte.

Abseits von diesen möglichen Einschränkungen zur Aussagefähigkeit habe ich auf alle Fälle große Lust der Fragestellung trotzdem nachzugehen. Zum Erkenntnissgewinn für uns wird es sicherlich seinen Teil beitragen, genauso wie die Vergleichsmessungen an der Gera. :top:

Mattes
22.01.11, 12:33
Interessant wären die Throphieentwicklung, die Ertragsfähigkeit, Unterschiede in der Sprungschicht, vorkommende Arten und Dichte.

Würde man Hr. Kreymann gewinnen können und er dieses Gewässer in die Untersuchungen einreihen, wäre das schon aussagekräftiger. Er hat 100 Baggerseen untersucht. Mutmaßlich allesamt bewirtschaftet. Er könnte ein gutes Fazit ziehen.

Eine Bestandsbefischung würde weitere Aufschlüsse ergeben.

Mit unseren Mitteln könnte man aber auch schon einen gewissen Einblick gewinnen und einiges ableiten.

Ich will mal nachfragen, ob dort Bäume geräumt werden, die ins Wasser stürzen oder ob sie so belassen werden. Dann hätte man auch einen Hinweis auf die sich selbst ergebende Strukturwandlung.

Habe auch irgendwo noch Bilder davon, stelle sie mal in ein Album zusammen.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
22.01.11, 18:37
Hallo,
es ist leider Tatsache, das Angler die ihnen anvertrauten Gewässer negativ verändern.

In der Regel ist es das Gespann Graser und Karpfen. Diese Fische können ganze Gewässer umgestalten. Die Graser setzen die in den Pflanzen gebundenen Nährstoffe frei und fördern damit die Algen, die jetzt keine Konkurrenz mehr haben. Der Karpfen trübt des Wasser an und entzieht so den letzten Pflanzen das Sonnenlicht.

Vor einigen Jahren sollte ich in einer Sandgrube eine Bestandsaufnahme machen. Das war in so fern interessant, da ich als Jugendlicher dort jahrelang geangelt hatte. Damals wurde der See nicht bewirtschaftet, der Besitzer duldete aber, dass dort gefischt wurde.

Das Gewässer ist 150x20m am Rand ca. 1 m, sonst 3, an einer Stelle bis 5 Meter tief. Die flachen Stellen am Ufer waren mit Wasserpest bestanden.

An den See schloss sich eine mindestens genau so große Sumpf- und Flachwasserzone an. Hier konnte man keinen Schritt tun, ohne auf eine Jungschleie zu treten.
Das Wasser war klar. Der Fischbestand setzte sich zusammen aus Schleie, Karausche Rotfeder, Gründling und Hecht. Ganz vereinzelt auch Karpfen.


Außer dem Karpfen reproduzierten alle Arten. Im See lagen vereinzelt große Bäume und Wurzelstöcke.
Dann wurde das Gewässer an einen Angelverein verpachtet.

Das Gewässer war nicht wieder zu erkennen. Pflanzen fehlten vollständig durch massiven Graser-Besatz, die Bäume waren alle aus dem Wasser entfernt und der See hatte eine neongrüne Färbung durch massenhaft auftretende Grünalgen. Auf der Windseite klumpten diese Algen und das Wasser erinnerte an Erbsensuppe.

Dann hatte man einen Weg um den See herum angelegt und mit weißem Kies befestigt. Um nicht immer um das Flachwasser herumlaufen zu müssen, hatte man kurzerhand einen Damm errichtet um den Weg darüber zu führen.

Die Fänge waren entsprechend. Gründling Karausche und Rotfeder fehlten. Stattdessen Karpfen Rotauge und Brassen Grasfisch und Hecht. Dazu massenhaft kleine Aale, die aber laut Aussage des Gewässerwartes überhaupt nicht wuchsen, das konnten sie auch nicht, da es ausschließlich Männchen waren. Reproduktion gab es nur noch bei Rotauge und Hecht. Beim Hecht allerdings wider Erwarten sehr erfolgreich.

Dann hatte man als Biotopfisch „Karauschen“ besetzt. Diese Besatzfische entpuppten sich jedoch als Gemisch aus Giebel und wildem Goldfisch.

Sicher ein extremes Beispiel. Aber viele der hier gemachten Fehler sind typisch.

Hier muss man ganz klar feststellen, dass ein wirklich schönes Gewässer durch Angler ruiniert wurde. Solange nicht mindestens die Graser entnommen sind, wird sich daran auch nichts mehr ändern.
Wer sich noch mehr gruseln möchte, kann sich ja einmal bei den vielen kleinen Privatgewässern umsehen. Weitestgehend unbehelligt vom Fischereigesetz darf hier jeder ganz legal 12 Jahre lang ein Gewässer zu Grunde richten.
Es ist ein gerne geglaubter Irrglaube, das es ohne Angler keine Fische in unseren Gewässern gäbe.
Ich bin einmal so ketzerisch und behaupte, dass durch das Befischen und Bewirtschaften eines Gewässers grundsätzlich negative Veränderungen auftreten. Ich kann diese aber auf ein Minimum reduzieren.

Den Vergleich fände ich auch spannend.Ich würde eher versuchen das gleiche Gewässer zu verschiedenen Zeiten zu betrachten.
Wenn wir 2 Gewässer untersuchen, bleibt immer die Frage, wie vergleichbar sie wirklich sind. Besser wäre ein Gewässer mit Daten von vor der Verpachtung.


lotalota

Mattes
22.01.11, 19:24
Hallo lotalota,

klare Worte und glücklicherweise nicht verallgemeinernt formuliert. Du kennst die entrüstete Welle die dann wogt. Keiner will es gewesen sein. Alle sind Naturschützer. :hust:

Das anglerische Konformgestalten hat sicher fast immer nagative Auswirkungen. ich glaube wir haben es oft mit einer Art Unbedarftheit aus alten Tagen zu tun. Das heutige Umdenken, das vielerorts stattfindet hat immer noch mit Gegenwind verschiedener Fraktionen zu kämpfen. Ich werde sie der Ruhe zu liebe mal nicht beim Namen nennen.

Gerade die Grasermethode war lange Zeit hipp. Zum Thema, ob Angler (im Allgemeinen) Naturschützer sind, habe ich mich mal in einem anderen Board aus dem Fenster gelehnt und bitterböses Kontra geerntet. Meine Meinung steht dennoch. Dazu später an anderer Stelle mal mehr.

Den Vergleich vorher unbewirtschaftet, dann losgelegt, wirst du kaum noch nachvollziehen können. Auf frei werdende Baggerseen wird sich sehr schnell gestürtzt, teils noch während des bestehenden Betriebes. Entwicklungspausen gibt es faktisch nicht. Also kein Vergleich möglich.

Die Möglichkeit, die ich heute nach Rücksprache erhalten habe stellt aber eine sehr ähnliche Gewässersituation dar. Beide Gewässer nur 500 Meter auseinander. Beide gleich tief. Beide dicht von Bäumen umstanden. Eines von vorne herein bewirtschaftet, eines unangetastet. Möglicherweise ein kleiner Glücksgriff. Unterschiede wird es sicherlich geben. Einige Fakten sollten sich sicher ableiten lassen.