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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ritter der Gewässer: Galizischer Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus)



wolfsangler
28.01.11, 02:11
Eigentlich müsste ich im Bett liegen, doch nach einem PC Crash sitze ich nun munter am PC.

Möchte euch an meiner Krebsgeschichte teilhaben lassen, und mich hier an dieser Stelle bei Hakuna ( Mattes ) für den Bestimmungsschlüssel für Krebse bedanken.

2009 fing ich mit einer Made und einen 14er Haken in meinem Teich zufällig einen Krebs der den Haken voll gefressen hatte. Den Haken entfernte ich, nahm den Krebs mit, der neue Heimat in mein Aquarium gefunden hatte. Nach der ersten Häutung strahlte er plötzlich in blauer Rüstung und es stellte sicher heraus es war ein Edelkrebs.

Nun war meine Neugierde geweckt.
Wie groß war der bestand in meinem Weiher? War es ein reiner Edelkrebsbestand ?
Also die Reuse geschnappt, mit Köder ausgelegt und täglich kontrolliert.
Immer waren nur die Edelritter darin zu finden. Der Stolz stand mir auf der Brust.

2010 konnte ich meinen Bruder endlich dazu bringen unseren Teich abzufischen.
( Gründe dafür steht in meiner HP , welche aber erst nochmal überarbeitet werden muß )
Bei der Abfischaktion war meine Euphorie verflogen, denn im Abfischkasten und im Fischhammer sammelten sich seltsame Krebse die sicher keine Edelkrebse waren.
Ich glaube ich liege richtig das es sich hierbei um den Galizischen Sumpfkrebs handelte.
Dieser stammt jedenfalls nicht durch meinen Besatz, sondern muß wohl aus den oberen Teichen abgewandert sein.
Warum aber in den Reusen 2009 immer nur Edelkrebse zu finden waren ist mir ein Rätsel. :nixweiß:
Am Tage des Abfischens 2010, wie auch die Tage später als ich tägl. "Nachgefischt" hatte, kamen auch Edelkr. zum Vorschein die bis zum Herbst 2011 umgesiedelt wurden. Die Sumpfkrebse allerdings wanderten 4 Tage in die Badewanne, danach Umsiedlung in den Kochtopf und wurden mit Genuß verzehrt.:albert:

Für den Neubesatz Herbst 2011 liegt mein Augenmerk jedenfalls darauf nur Edelpanzer zu besetzen, die sich hoffentlich gut vermehren. :top:

Gruß Wolfi

Der Siedler
28.01.11, 13:01
Sehr interressant,

ich möchte in diesem Frührjar auch noch an diesem Infoabend teilnehmen:

http://www.edelkrebsprojektnrw.de/docs/broschuere5.pdf

Ob aber schon in diesem Jahr etwas daraus machen kann, ich glaub es kaum, muss ich erstmal die Basis für eine anständige Gewässerwartung schaffen.

Grüße
Hagen

Mattes
28.01.11, 20:35
Der Amerikaner wird seinen Weg finden. Überall hin. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er auch die letzten Nischen findet und besetzt. Und wenn es erst in 100 Jahren ist, aber sein "Siegeszug" wird vermutlich nicht mehr zu stoppen sein. Der Zufall ist sein größter Helfer.

Eifrig wird derzeit schon an Barrieren gearbeitet, die den Aufstieg in die obersten Flussregionen stoppen sollen. Habe aber leider keinen Link zur Hand. Muss noch mal recherchieren. Kann mir selber kaum vorstellen wie so etwas aussehen soll. Dürfte ja auch für eine Barrierefreiheit hinderlich sein. Vielleicht hat jemand anderes nähere Infos.

Dort wo die Krebspest Fuß fasst, ist es innerhalb weniger Tage vorbei mit den heimischen Edelkrebsen. Ein nasser Kescher reicht aus.

wolfsangler
28.01.11, 21:48
Eine Wandersperre für den Ami ? Das würde bedeuten man versperrt auch die Bach. - Wasserwege für Bitterlinge oder Stichling, denn es war ja von den Oberläufen die Rede. Also Sperren aus Gitter, Beton usw ist sicher weit von der Realität entfernt, denn jeder der Krebse kennt, der weiß das er immer Wege findet um an sein Ziel zu kommen. Es gibt sicher auch " Experten " die aus Fischzuchtanstalten Kamberkrebse kaufen um sie in ihren Gartenteich oder kleinen Hobbyteich setzen.

In der Fihi hat man es ja oft genug gelesen was manche in ihren 5x5m teich setzen wollen. Die Verbreitung ist bestimmt nicht aufzuhalten sondern mit Reusen die vorhandenen Bestände etwas niedrig zu halten.

Mattes
28.01.11, 22:02
Suche gerade.

Habe eine PDF gefunden, die aber von 2008 ist und nicht das beschreibt, wovon ich gehört hatte. Hier in dieser PDF sind aber die gescheiterten Versuche mittels Strom, Gift und Austrocknung mal beschrieben. Alles soweit ergebnislos.


Eine langfristige Lösung für das Problem wäre natürlich, diese Bestände
auszurotten. Denkbar wäre beispielsweise der Einsatz von Giften und Mitteln, die den Sauerstoffgehalt im Wasser reduzieren, von Hitze oder
Kälte, von Elektrizität oder das Austrocknen der Lebensräume über längere Zeit.

http://www.ag.ch/umwelt-aargau/pdf/UAG_40_41.pdf

Dies kann natürlich nicht als Lösungsansatz verstanden werden, aber es verdeutlicht die Hoffnungslosigkeit.

Mario
28.01.11, 22:27
Ich verfolge gerade mehr oder weniger verwirrt der Diskussion über das ausgeprägte Wanderverhalten und die Verbreitung der Krebspest.

Eines vorab der Galizische Sumpfkrebs wird auch Europäischer Sumpfkrebs genannt. Als nicht amerikanische Art ist er nicht gegen die Krebspest resistent. Wo sich ein ordentlicher Bestand an Galiziern halten konnte, ist eine Wiederansiedlung von Edelkrebsen durchaus möglich.


Dort wo die Krebspest Fuß fasst, ist es innerhalb weniger Tage vorbei mit den Signalkrebsen. Ein nasser Kescher reicht aus.

Leider falsch! Pacifastacus leniusculus stammt ursprünglich als Nordamerika. Wo sich der Signalkrebs ausbreitet haben die heimischen Arten nichts zu lachen. Signalkrebse sind sehr agressiv und dulden keine weitere Krebsart in ihrem Revier. Die Krebspest kommt als i-Tüpfelchen dazu.

Mattes
28.01.11, 22:37
Sorry, ich habe mich vertippt. Ich meinte natürlich, den heimischen Edelkrebs, dem der Gar ausgemacht wird, nicht den Signalkrebs. Freud´scher Fehler.

Hab´s korrigiert.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
29.01.11, 18:06
Hallo,

bei dem "nicht Edelkrebs" auf den Fotos handelt es sich eindeutig um den Galizischen Sumpfkrebs.
Er ist durch die sehr langen, dünnen Scheren bestimmbar.

Dieser gehört , wie der Name vermuten lässt, nicht zu den amerikanischen Krebsen, welche uns die Krebspest mitgebracht haben. Er ist ein europäischer Krebs aus Süd-Ost Europa und der Türkei.
Man hat ihn bei uns eingeführt, weil man irrtümlich an nahm, er sei resistent gegen diese Pilzerkrankung. Das erwies sich aber als Trugschluss.

Insgesamt teile ich die Skepsis von Mattes. Ob morgen oder in 60 Jahren, irgendwann setzt ein Depp einen Kamberkrebs in das Edelkrebsgewässer.

Selbst ohne die Krebspest, würden die neuen Arten die heimischen Krebse an die Wand drücken.

Als ehrenamtlicher Kartierer habe ich im Großraum Aachen 4 Vorkommen des Edelkrebses nachgewiesen, von denen vermutlich nur noch eines besteht.

An Gewässern, zu denen viele Menschen Zugang haben, braucht man gar nicht mehr suchen. Es kann schon ausreichen einen nassen Kescher aus einem verseuchten Gewässer mit zu bringen.

Die RWTH Aachen forscht an einer Krebssperre. Diese soll Fische, aber keine Krebse passieren lassen. Dabei hat man festgestellt, dass die Tiere nicht nur klettern, sondern auch durch zurückschlagen des Hinterleibs , dem sogenannten Fluchtsprung ein Hindernis überwinden können.

Bei Besatz wäre ich zurückhaltend.

Wir verschieben Edelkrebse in ganz Deutschland hin und her. Aus meiner Sicht sind wir gerade dabei lokale Anpassungen zu eliminieren. Wenn ein Bestand vorhanden ist, fördere diesen.
Am wirkungsvollsten ist dies durch das Einbringen von Deckungen. Gut geeignet sind Mauersteine mit verschieden großen Bohrungen. Falls es doch Besatz sein soll, eignen sich sogenannte Sömmerlinge im Oktober am besten. kleinere Tiere haben oft große Verluste durch Libellen- und Gelbrandkäferlarven. Besetzte adulte Tiere neigen dazu im Herbst das Gewässer zu verlassen um Weibchen und neue Reviere zu suchen.


lotalota

Mattes
29.01.11, 18:49
Hallo lotalota,

danke, genau diesen Hinweis habe ich gesucht. Und wie immer wird man dann auch im Internet fündig.

Hier der Bericht vom RWTH zum Forschungsprojekt Edelkrebs aus 12/2010:


„In diesem Pilotprojekt geht es erst einmal darum, die Grundlagen zu entwickeln. Die Umsetzung ist ein weiterer Schritt, der auf unseren Ergebnissen aufbaut“, fasst Dr. Frings zusammen.

http://www.rwth-aachen.de/aw/main/deutsch/Themen/Einrichtungen/Verwaltung/dezernat3/Pressemitteilungen_der_RWTH/2010/~bfcl/Rettung_der_Edelkrebse/

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
29.01.11, 22:36
Hallo,

das Versuchsfeld ist ein Bach bei Aachen.
Hier grenzen Vorkommen des Edelkrebses und des Signalkrebses aneinander.

Hatte man zu Beginn die Hoffnung, der Edelkrebs in diesem Bestand habe eine Immunität gegen die Krebspest entwickelt, so weiß man heute, dass der angrenzende Signalkrebsbestand keine Sporen der Krebspest streut.

Die Sperre der RWTH soll diese beiden Arten trennen, da er Signalkrebs auch ohne die Krebspest die einheimischen Arten aus konkurriert.

Um den Ausbreitungsdruck des Signalkrebses zu verringern, hat eine Gruppe von Freiwilligen nach eigenen Angaben in 2010 über 4000 Stück mit Reusen gefangen.
Ich selbst habe mich auch an dem Kampf beteiligt, in dem ich einige hundert davon verspeist habe.


lotalota

wolfsangler
04.02.11, 21:37
Zu den Gal. Sumpfkrebs mußte ich mich im Herbst über das Int auch erst schlau machen, und erfuhr das dieser ebenso anfällig ist und auch mit der Pest zu kämpfen hat. Dennoch werde ich im Herbst 2011 bei dem Neubesatz unseres Teiches keinen Galiz. einbringen, sondern nur den Restbestand unserer wenigen Edelkrebse.
Unterstände sind bis dahin mehr als genug vorhanden, da wir das gante Ostufer mit Steinen gegen den auflandigen Wind schützen müssen, welcher den Damm unterspült.

Zu den Krebswandersperren behalte ich meine Skepsis.
Dieser Winter war zwar eine Ausnahme, doch werden solche Niederschläge und das folgende Tauwetter immer mehr zur Regel, somit auch Hochwasser wo jeder Wiesenbach zu einen kleinen Fluss wird. Die Sperren also hinfällig sind.
Dazu kommt der Drang des Wanderns den ich selten bei Tieren so beobachten konnte wie bei den Krebsen.
Ist zwar ein blödes Beispiel, trotzdem schreibe ich es mal.
Ich fütterte kleine Fischfetzen an meinen Krebs doch diese blieben oben an einer Stelle hängen. Wie ein Berserker drehte er durch und versuchte alles mögliche um nach oben zu gelangen. Die Pflanzen bogen sich unter seiner Last, bis nach 30 Minuten sich ein Stengel als brauchbar erwies den er dann als " Leiter " benutzte.

Ich will damit sagen, das Krebssperren sicher kein Ausweg sind, denn Krebse erkennen und nutzen schnell gewisse Umwege und Kletterhilfen, auch wenn es nur ein Grashalm ist der vom Ufer aus ins Wasser ragt.

Georg
21.04.11, 21:24
Der Amerikaner wird seinen Weg finden. Überall hin. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er auch die letzten Nischen findet und besetzt...

Amerikanischer Signalkrebs bedroht Lachsbestand in Schottland (http://www.fliegenfischen.de/news/detail.php?objectID=1918&class=6)

Nachdem jetzt erstmalig amerikanische Signalkrebse im Fluss Kelvin praktisch im Zentrum von Glasgow entdeckt wurden,
hegen schottische Naturschützer und Angler schlimme Befürchtungen ...

Mattes
21.04.11, 22:34
16 Jahre von der Entdeckung bis zur flächendeckenden Verbreitung. Das nenne ich wahrlich invasiv.

Aber mal eine andere Frage in dem Zusammenhang. Hatten die denn vorher in Schottland keine heimischen Krebse? Warum ist der Ami nun eine so hohe Bedrohung für den Lachs? Wäre nur logisch, wenn vormals dort gar kein Krebs heimisch gewesen wäre oder der Ami aggressiver ist und sich vermehrt um den Laich "kümmert".

Georg
21.04.11, 23:00
Ich denke schon, daß die Meldung pressewirksam aufgearbeitet wurde,
die Lachsfischer ihre Bemühungen bedroht sehen, liegt da auf der Hand,
wobei ich meine, daß auf der "Insel" keine Süsswasserkrebse natürlich vorkommen.
Insofern wäre der Ami schon eine Bedrohung.