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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Angeln mit dritter Rute: Straftat oder Ordnungswidrigkeit?



Thomas
15.05.11, 16:12
Die nachstehenden Beiträge wurden von Thema Berichte aus dem FA-Alltag (http://www.gw-forum.de/showthread.php?530-Berichte-aus-dem-FA-Alltag&p=4121&viewfull=1#post4121) abgetrennt.



Ein wesentlicher Verstoß gegen Bestimmungen des Erlaubnisscheines ist aber bereits eine Fischwilderei und damit eine Straftat.

Dazu zählen der Einsatz von Fangeräten, die nicht auf dem Erlaubnisschein aufgeführt sind oder z.B. ein Nachtangeln bei einem bestehenden Nachtangelverbot.

Für eine 3. Rute habe ich aber keine Erlaubnis. Jede fischereiliche Handlung die nicht durch den Erlaubnisschein abgedeckt wird, ist somit prinzipiell eine Fischwilderei.

Dieser Umstand ist den Anglern kaum bekannt.

LL

Hallo LL,

das sehe ich anders (zumindest aus den Bestimmungen 'meines' Bundeslandes heraus).

Sowohl ein Verstoß gegen das Nachtangelverbot als auch das Auslegen einer dritten (nach Angelkarte nicht gestatteten) Rute wären lediglich Ordnungswidrigkeiten.

Das kann neben der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit allenfalls noch dazu führen, dass ich die Angelkarte ersatzlos einziehe.
Nicht aber zu einer Verfolgung nach § 293 StGB.

Kann mir kaum vorstellen, dass das in NRW anders handgehabt wird.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
16.05.11, 02:58
Hallo Thomas,

wie bereits erwähnt, ist das weitgehend unbekannt.:grins:

Da die gesetzliche Basis das StGB und somit ein Bundesgesetz ist, ist das sowohl für Berlin, wie auch NRW verbindlich.

In §293 StGB wird die Fischwilderei behandelt.

Der folgende § 294 befasst sich mit einem Sonderfall. Er sagt kurz gefasst aus, dass eine Strafverfolgung einer Fischwilderei in 2 Fällen nur nach Anzeige des Geschädigten erfolgt.
a.) bei einem Verwandten
b.) wenn der Täter über eine Angelerlaubnis verfügte.

Das heißt aber im Umkehrschluss, es gibt eine Fischwilderei auch durch den Inhaber eines Fischereierlaubnisscheines.

Das klassische Beispiel hierzu ist die zusätzliche Rute. Sind auf der Erlaubnis, 2 Ruten erlaubt und ich angele mit 3 Ruten, fische ich mit der dritten Rute unter Verletzung fremden Fischrechtes. Genau das ist aber die Definition einer Fischwilderei.

Ich führe die entsprechenden §§ auf und verlinke auf einen Aufsatz des ehemaligen Staatsanwaltes Drosse zu genau diesem Thema.
Dort findest du auch die entsprechenden Grundsatzurteile aufgeführt.



Strafgesetzbuch

§ 293 Fischwilderei

Wer unter Verletzung fremden Fischereirechts oder Fischereiausübungsrechts

1.fischt oder

2.eine Sache, die dem Fischereirecht unterliegt, sich oder einem Dritten zueignet, beschädigt oder zerstört,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 294 Strafantrag

In den Fällen des § 292 Abs. 1 und des § 293 wird die Tat nur auf Antrag des Verletzten verfolgt, wenn sie von einem Angehörigen oder an einem Ort begangen worden ist, wo der Täter die Jagd oder die Fischerei in beschränktem Umfang ausüben durfte.

http://www.bekos-anglerforum.de/newboard/discus/messages/816/1810.html


LL

Thomas
16.05.11, 07:19
:hmm::hmm:

Dazu mal ein Ausschnitt aus der Berliner LFischO:

ABSCHNITT 14
Ordnungswidrigkeiten

§ 41 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 22 des Berliner Landesfischereigesetzes handelt, wer

...
34. entgegen § 18 Abs. 1 Satz 4 gleichzeitig mit mehr als zwei Handangeln fischt;
35. entgegen § 18 Abs. 1 Satz 5 beim Fischen unter Verwendung von Spinn- und Flugangeln mit mehr als einer Angel fischt;
...

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
16.05.11, 16:05
Hallo Thomas,

es sei denn, der Fischereiberechtigte oder der Fischereiausübungsberechtigte erstatten Anzeige nach § 293 und 294. Dann greift das Bundesrecht.

Der entsprechende § der LFischVO soll staatliche Vorgaben und Vorstellungen zur Ausübung der Fischerei durchsetzen.(Landesgesetze)

Das StGB hat ein anderes Ziel.

Hier steht die Vermeidung eines Schadens im Mittelpunkt.

Hier wird das Fischrecht als Eigentumsrecht geschützt.

Hier kann ein Pächter sein Fischrecht durch Erstattung einer Strafanzeige schützen lassen. Er hat mit dem Angler einen Vertrag geschlossen (Fischereierlaubnisschein)

Wenn der Angler mit 3 anstatt der erlaubten 2 Ruten fischt, entsteht ihm ein Vermögensschaden. Dafür ist das Fischereigesetz nicht zuständig.


Wenn ich beide Gesetzespakete nebeneinander stelle, so ergibt sich nur scheinbar ein Widerspruch. In Wirklichkeit haben beide Gesetze völlig andere Ziele und widersprechen sich nur auf den 1. Blick.

LL

Thomas
16.05.11, 16:56
Wenn der Angler mit 3 anstatt der erlaubten 2 Ruten fischt, entsteht ihm ein Vermögensschaden. Dafür ist das Fischereigesetz nicht zuständig.

LL

Verstehe, was Du meinst und was die Vorschriften bezwecken oder nach Auslegung bedeuten können. Es ist tatsächlich ein wenig tricky.

Bei obigem Beispiel aber nicht, wenn der Betreffende mit allen 3 Ruten Schneider bleibt, vorher aber einen Fischereierlaubnisvertrag rechtsgültig (unter Vorlage des Fischereischeins) abgeschlossen hat.

Hier könnte dann allenfalls über einen prospektiven respektive möglichen Vermögensschaden gestritten werden.
Erschwert wird das zusätzlich auch noch dadurch, dass wir beide vorher schon einmal übereinstimmend festgestellt haben, dass ein Fischbestand trotz Innehabung eines exklusiven Fischereirechts erstmal herrenlos verbleibt.

Das ändert sich erst mit einer Aneignung.

Genau deshalb, Lota, habe ich im Gegensatz zu Dir erstmal empfohlen, als FA nur den reinen Sachstand am Gewässer aufzunehmen und die Verfolgung des übertragenen Sachstandes den dafür zuständigen Behörden zu überlassen.

Du hattest seinerzeit argumentiert, Du müsstest das Delikt aus eigener FA-Kenntnis heraus bereits einordnen können ... dem hatte ich, wie wir nun sehen, nicht ganz unberechtigt widersprochen.

Dieser Exkurs war aber ausgesprochen interessant und hat mein eigenes Rechtsverständnis befördert, danke Dir dafür, Lota.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
16.05.11, 19:50
Hallo Thomas,

Zu früh bedankt, wir sind noch nicht fertig.

Ich glaube ich habe dem Ganzen mit der Wahl des Begriffes "Vermögensschaden" eine fatale Wendung gegeben.

Ersetzen wir den Begriff durch "in seinen Rechten verletzt".

Der § 294 (Strafantrag) spricht ja auch davon, dass der "Verletzte" Strafantrag stellen muss. Denn wenn ich mit einer nicht erlaubten Rute angele greife ich in seine Rechte ein.
Damit habe ich den Tatbestand der Fischwilderei bereits erfüllt "Fischen unter Verletzung fremden Fischrechtes".

Die Fischwilderei ist vom Grundsatz her nicht an einen Fangerfolg gekoppelt.
Anders als beim Diebstahl.

Das Recht des Fischereirechtsinhabers, welches Verletzt wird, ist nicht das Besitzrecht am Fisch, der ist herrenlos. Sein Recht besteht darin, sich die Fische anzueignen.

Ich glaube, wenn wir den Begriff "Vermögensschaden" streichen und einen allgemeinen Eingriff in seine Recht festhalten, sind wir nicht mehr so weit auseinander.

Was die Praxis vor Ort betrifft, halte ich es schon für wichtig zu wissen, in welcher Kategorie der Versoß einzuordnen ist. Es erfordert auch von mir eine andere Herangehensweise, ob ein Fischereischein nicht mitgeführt wird,(wenige Euro Geldstrafe) oder ob 6 Ruten in Aktion sind (Fischwilderei). Das heißt ja nicht, das der Ertappte und später meine Behörde von mir ein Rechtsgutachten bekommen.

Vor Ort vergleiche ich das Tun des Anglers mit den Bedingungen des Erlaubnisscheines und prüfe die erforderlichen Papiere.

Ich unterlasse vor Ort alles, was mich angreifbar machen könnte und gebe ohne Not keine Erklärungen und Bewertungen ab.

Gibt es Beanstandungen schildere ich diese auch im Bericht ohne sie zu bewerten.
Dazu muss ich aber schon wissen was den überhaupt ein Verstoß ist.

Man könnte mir jetzt langsam den Vorwurf machen, ich müsse immer Recht behalten.

Wahrscheinlich absolut zu Recht:grins::grins:

LL

Thomas
17.05.11, 12:00
Ich glaube ich habe dem Ganzen mit der Wahl des Begriffes "Vermögensschaden" eine fatale Wendung gegeben.

Ersetzen wir den Begriff durch "in seinen Rechten verletzt".



Man könnte mir jetzt langsam den Vorwurf machen, ich müsse immer Recht behalten.

Wahrscheinlich absolut zu Recht:grins::grins:

LL

Na, jetzt ist es aber wirklich griffig und gut verständlich formuliert.

Nun, wenn Du Recht hast, sollst Du auch Recht behalten, das gehört sich so in einer vernünftigen Diskussionsrunde. :;:
Wobei wir ja beide nicht wirklich falsch lagen: der Einsatz der dritten Rute ist erstmal eine OWi, die im genannten Sonderfall zu einem Straftatbestand werden kann.

Mich würde mal interessieren, wie häufig es vorkommt, dass ein Inhaber von Fischereirechten, dem eine Rechtsverletzung zugefügt wurde, über die OWi hinaus noch den 294er zieht und eine Strafanzeige wg. Fischwilderei nachschiebt.

Und wie entscheiden dann die Gerichte? Könnte mir vorstellen, dass sie eine Ahndung des Vergehens als OWi als hinreichend ansehen und das Verfahren einstellen.

Kennt jemand solche Fälle, die zur Verhandlung gekommen sind?

Andreas
07.08.12, 15:12
Bei uns, also hier im Elbe-Elster Kreis, ist es auch so das wir beim Fischereischeininhaber mit einer unerlaubten dritten Rute, oder noch mehr, nicht mehr von Fischwilderei sprechen sollen.
Wir sind angehalten es als Owi zu ahnden. Ich für meinen Teil halte es so, das ich eine Anzeige schreibe und es der UfB überlasse entgültig zuentscheiden.
Es ist ja so, das es in einigen Fällen wiederholungstäter sind und die mit einem Busgeld welches am Gewässer ausgesprochen nicht sehr hoch ist, zu gut bedient sind.

Lotalota (verstorben am 21.09.2019)
08.08.12, 01:47
Hallo,

seit wann legt denn eine Kreisbehörde fest, ob sie das StGB auf ihrem Territorium umsetzt oder nicht?

Was letztlich als Strafe dabei herauskommt ist erst mal nebensächlich. Wenn ich als Fischereiberechtigter Anzeige erstatte, weil ein Angler in meinem Gewässer mit drei statt der von mir erlaubten zwei Ruten gefischt hat, möchte ich das staatliche Stellen meine Rechte schützen. Solche Regelungen haben nur den Zweck, der Behörde Arbeit vom Hals zu schaffen.

Die Definition für Fischwilderei ist das "Fischen unter Missachtung fremden Fischrechtes". Nichts anderes tue ich mit einer zusätzlichen Rute.

Leider ist das aber kein Einzelfall. Seit neuestem betrachtet die für uns zuständige Staatsanwaltschaft alle Fische in stehenden Gewässern als nicht herrenlos. Das hat zur Folge, dass eine Fischwilderei nicht mehr gegeben ist.

Eine Verurteilung ist nur noch wegen Diebstahls möglich. Dazu muss ich aber nachweisen, dass der Angler sich einen Fisch angeeignet hat.
Das ist aber fast unmöglich. Vielfach ist eine Mitnahme des Fanges auch gar nicht geplant. Der Fischwilderer geht dann gänzlich straf-frei aus.

Daher ist bei uns Fischereiaufsicht an Stillgewässsern völlig sinnlos geworden. Die gleichen Leute, die man am Vortag weggeschickt hat, grinsen einen dann wieder an.

So kann man sich die Aktenberge halt auch vom Schreibtisch schaffen.

LL