PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ionen- und Osmoregulation bei Süß- u. Salzwasserfischen



Thomas
18.05.11, 10:52
Version 2.0

Hallo Kollegen,

heute wollen wir uns damit beschäftigen, welche Anforderungen die sogenannten osmotischen Gesetze (und Werte) an Süß- u. Salzwasserfische stellen.

Dazu gehört Osmose erst einmal definiert ... was ist das eigentlich?

Osmose ist das physikalische Bestreben von Wasser, in Richtung eines Bereichs höherer (Ionen)Konzentration durch eine semipermeable, also halbdurchlässige, Membran (etwa eine Zellmembran oder eine Körperoberfläche) fließen zu wollen, also für eine Annäherung der Konzentrationen, einen Konzentrationsausgleich zwischen innen und außen sorgen zu wollen. Dieses Bestreben dürfen wir als ein vorgegebenes Naturgesetz auffassen.

Welche Probleme verbinden sich für Organismen mit den vorherrschenden osmotischen Werten in ihrem Lebensraum? Genau das wollen wir nun näher beleuchten.


Das Leben ist im Meer entstanden.

Bei allen Lebewesen zeigen die extrazellulären Flüssigkeiten auffallende Ähnlichkeit zu Meerwasser, nämlich hohe Konzentraton von Natrium- (Na+) u. Chloridionen (CL-) sowie niedrige Konzentration von Kaliumionen (Ka+).

Im Innern der Zelle herrschen genau die umgekehrten Verhältnisse: niedrige Konzentrationen von Na+- u. Cl-, hohe Konzentrationen von K+-Ionen (sowie organischen, negativ geladenen Ionen).

Anscheinend funktionieren die Prozesse im Inneren der Zelle besser bei Ionenkonzentrationen, die sich von denen des Meerwassers deutlich unterscheiden.


Im Inneren des Körpers bleibt erstmal alles problemfrei.


Obwohl verschiedene Konzentrationen von Ionen (geladenen Atomen oder Molekülen) zwischen den Flüssigkeiten des Zellinneren und -äußeren (Blut u. Zwischenzellflüssigkeit) vorliegen, ist bzw. bleibt der osmotische Wert annähernd gleich hoch.
Um das auch fortwährend gewährleisten zu können, existieren in den Zellmembranen Ionenpumpen und Ionenkanäle, um das Milieu im Inneren der Zelle stabil zu halten ... ein ausgeklügeltes System, es kostet aber Energie.

Probleme können also nur gegenüber dem Außenmedium bestehen, Süß- oder Salzwasser. Diese Probleme schauen wir uns näher an, denn die sind ziemlich interessant.

Wir fangen mit dem Süßwasser an, denn:


Der stammesgeschichtliche Ursprung aller Wirbeltiere liegt im Süßwasser.

Im Süßwasser? Das heißt ja ... ?

Richtig , dass z.B. auch Haie, die heute fast ausschließlich marin vertreten sind, stammesgeschichtlich im Süßwasser entstanden sind. Sie haben den Lebensraum Meer erst sekundär für sich erschlossen und sich nachträglich physiologisch angepasst.
Wer von euch hätte das geahnt?

Das Leben im Süßwasser ist eine Extremsituation: der osmotische Wert im (Körper)Inneren ist wesentlich höher, ein Süßwasserorganismus muss sich durch verschiedene Mechanismen davor schützen, dass Wasser in seinen Körper eindringt.

Anschaulich: immer mehr Wasser dringt ein, die Zellen blähen sich auf, bis die Zellmembranen dem Innendruck nicht mehr standzuhalten vermögen ... die Zellen platzen, Exitus!

Erste Schutzfunktion bieten die äußersten Hautschichten, das 'schimpft' ein Biologe übrigens Integument (meinetwegen 'äußere Schutzhülle').

Wie schützen sich Süßwasserfische also?
1. Kein Trinken von Süßwasser
2. Exkretion von großen Mengen wasserverdünnten Harns
3. Aktive Ionenresorption (Rückgewinnung) an den Kiemenepithelien (Oberflächen)

Und Salzwasserfische? Da sieht es genau anders aus.


Die Devise der Salzwasserfische heißt: bloß kein Wasser verlieren.

Im Verhältnis zur Umgebung haben Salzwasserfische ein osmotisch niederwertigeres Körpermilieu, d.h., sie laufen Gefahr, ständig Wasser, das sie für alle lebenserhaltenden Prozesse benötigen, an ihre Umgebung zu verlieren.
Eben weil die Konzentration (der osmotische Wert) im umgebenden Salzwasser höher als im Körperinneren ist.

Anschaulich: es würde beständig Wasser an die äußere Umgebung verloren gehen, die Zellen ziehen sich zusammen, bis sie letzendlich kollabieren. Wiederum Exitus!

So schützen sich Salzwasserfische:
1. Trinken großer Mengen von Salzwasser
2. Exkretion kleiner Mengen möglichst unverdünnten Harns (sonst droht Wasserverlust!)
3. Aktives Ausscheiden von Ionen über die Kiemenoberfläche


Süß- u. Salzwasserfische sind sogenannte Osmoregulatoren. Sie erhalten ihr inneres Milieu unter Energieaufwand gegen einen Gradienten nach außen hin aufrecht.

Bei Süß- u. Salzwasserfischen ist der innere osmotische Wert gleich ... gleichzeitig ein evidenter evolutiver Beweis dafur, dass beide Gruppen über Süßwasserformen entstanden sind.

Während ein Süßwasserfisch noch mit einem Gradienten von 35% zu kämpfen hat, hat sich eine Anodonta (Teichmuschel) bereits auf einen Gradienten von 5% angepasst.

Evolutiv mussten sich Wirbeltiere also auch in Hinsicht auf ihre Organe funktioneller spezialisieren, um die Ionen- u. Osmoregulation bewerkstelligen zu können: so entstanden die wichtigen Nieren im Wirbeltierkörper.

Man kann es sich aber auch 'ganz einfach' machen, indem es einfach keinen osmotischen Wertunterschied zwischen Außenmedium und Körperinneren gibt (sogenannte isosmotische Tiere).
So halten es beispielsweise marine wirbellose Tiere, sie sind sogenannte Osmokonformer.
Schwankungen außen bedeuten damit aber auch Schwankungen innen!


~~~

Zum Schluss stellt ihr euch vermutlich 2 Fragen.


1) Netter Vortrag soweit, solche Probleme kenne und habe ich aber nicht.

Irrtum, schon mal Alkohol über den Durst getrunken?

Euer Kater beruht ebenfalls auf Defiziten innerhalb der Ionen- und Osmoregulation eures Körpers. Ihr habt in der Kneipe noch beim Wasserlassen zugeschaut, wie euer Harn immer farbloser und somit verdünnter wurde.
Am nächsten Tag fehlen euch wertvolle Ionen und euer Körper hat einen mächtigen Wasserverlust erlitten, ihr seid leicht dehydriert, habt also den besagten (wohlverdienten) Kater.

Das ist der sprichwörtliche 'Brand' ... euer Körper schreit nach fehlenden Ionen und fehlendem Wasser.
Viele Sportdrinks weisen euch im Werbetext bereits darauf hin, die wollen nämlich isoosmotisch sein.
Wenn ihr zuviel Kaffee trinkt, verliert ihr bei der Miktion ebenfalls zuviel Wasser und müsst es bilanziert nachtrinken, um den Kaffee letztendlich losgeworden zu sein.

Zusätzlich noch ein physiologischer Hinweis von Georg:
Die ADH-Aktivierung (http://www.megru.uzh.ch/j3/module/endokrinologie/endo.php?uniId=E25100&di=30) durch Koffein ist umstritten, da bei stetigem Kaffeegenuss ein Gewöhnungseffekt eintritt, unumstritten ist die Wirkung von Alkohol, hier wurde kein Gewöhnungseffekt beobachtet und beschrieben.

2) Wie kommt der Kerl (das soll ich jetzt sein) dazu, genau jetzt diesen Beitrag zu schreiben?

Ganz einfach: es gibt immer wieder Berichte, die über den Fang von Flundern im Oberlauf von Flüssen berichten.

Und wir haben vor kurzem in einem anderen Thema darüber diskutiert, ob nun die Bach- oder Meerforelle die Stammform der Salmo trutta - Gruppe ist.

Ich habe dabei unter Verzicht auf längere Recherchen, gewissermaßen aus dem Bauch heraus, die Meinung vertreten, dass die Meerforelle stammesgeschichtlich eine in's Meer abgewanderte Bachforelle ist. Nicht andersherum.
Nun wisst ihr auch, warum.

Ihr könnt jetzt vielleicht ermessen, welche physiologische Leistung das für eine Flunder ist (obwohl die Ostsee ein ausgesüßtes Randmeer ist).
Bzw.: welch breites Spektrum von ökologischen Möglichkeiten (Lebensraum) eine Flunder hat.
Wahrhaft eine physiologische Meisterleistung ...!

Oder warum bei anadromen (Lachs) bzw. katadromen (Aal) Laichwanderungen so häufig das Verscheiden des Fisches das Endergebnis ist.

Etwa 30% des körperlichen Energiebedarfs entfallen auf den Betrieb der besagten Natrium-/Kaliumpumpen in der Zellmembran zur Ionenregulation.

Unter dem Strich ist ein Mileuwechsel zum Zwecke des Ablaichens über alle Maßen anstrengend, weil wie gezeigt ausgesprochen energieraubend.

Mit bekanntem Ergebnis ... nach dem Ablaichen fällt dann oftmals die letzte Klappe.

Soweit meine Ausführungen zur Ionen- und Osmoregulation von Süßwasserfischen und Salzwasserfischen.
Ich hoffe, die Lektüre hat Euch ein wenig Spaß gemacht.

Der Siedler
18.05.11, 16:21
Moin,

haste mal wieder fein gemacht!
Finde nix zu meckern :grins:

Schöne Grüße
Hagen

Ito Ogami
03.03.12, 02:18
Ich glaube ich steh auf dem Schlauch?
in dieser Text Zeile fehlt denke ich was, oder ist Falsch, oder ich schnackel es einfach nicht!


"Osmose ist das physikalische Bestreben von Wasser, in Richtung eines Bereichs höherer Konzentration durch eine semipermeable, also halbdurchlässige, Membran (etwa eine Zellmembran oder eine Körperoberfläche) fließen zu wollen, also für eine Annäherung der Konzentrationen, einen Konzentrationsausgleich zwischen innen und außen sorgen zu wollen. Dieses Bestreben dürfen wir als ein vorgegebenes Naturgesetz auffassen.

Wasser diffundiert hier doch wie jeder flüssige und gasförmige Stoff von einer hohen Konzentration zu einer niedrigen. ergo sollte doch sein Bestreben sein aus der Richtung einer hohen Konzentration zu fliesen.
oder in Richtung einer höheren salzhaltigen Konzentration.

Oder,oder,oder....

Toni
03.03.12, 10:12
Hmmm, schwierig, ja Ito, du stehst auf dem Schlauch, aber wie erklärt man es:hmm:? Ich hab grad mal bei Wikipedia nachgesehen http://de.wikipedia.org/wiki/Osmose, aber das machts nicht einfacher:hmm:.

Was du beschreibst ist denke ich eher ein Druckausgleich.

Die einfachste Erklärung hab ich auf die Schnelle hier gefunden.
http://www.biologie-lexikon.de/forum/index.php?threads/diffusion-und-osmose.597/
Schau doch mal ob du damit was anfangen kannst.

Petri
Toni

Ito Ogami
05.03.12, 01:23
Hi Toni ich habe es mir noch mindestens 10 mal angeschaut und ich kenne den Unterschied zwischen Diffusion und Osmose.
Da hat sich ein Fehler eingeschlichen!
Es müsste heißen Osmose ist das phys. Bestreben des Wassers, aus Richtung einer hohen Konzentration....

Es ist ja z.b. Im Süßwasser so dass das Wasser aus dem See (hohe Konzentration an Wasser) versucht in den Fisch (niedrige Konzentration an Wasser) ein zu dringen. Also aus der hohen Konzentration zur niedrigen hin und nicht umgekehrt.

Gruß Ito

Thomas
05.03.12, 10:52
Hallo Ito,

es geht nicht um die Konzentration von Wasser (was sollte das sein?), sondern um die Konzentration von in Wasser respektive Flüssigkeit gelösten Ionen.

Und Wasser hat das osmotische Bestreben, zu einem Konzentrationsausgleich zu führen, also sich in Richtung eines Bereich höherer Ionenkonzentration zu bewegen.
Beim Gegenteil würde sich der Konzentrationsgradient zwischen beiden Bereichen ja glatt erhöhen ...

Ito Ogami
05.03.12, 13:45
Ah ha, jetzt wird ein Schuh draus es geht also um die Ionenkonzentation!
Das kann man leicht missverstehen, da Wasser selbst eigentlich immer viele gelöste Stoffe enthält und man hier bei einem Liter Wasser eine max. Konzentration von 99.8% H2O enthält dann kommen Gase, Salze usw.
Setz doch einfach Ionen vor die Konzentration dann ist das eindeutig!





Oh mein Gott ich habe mir das oben geschrieben gerade noch mal durchgelesen sorry für die Klugscheißerei!

Thomas
05.03.12, 15:07
Kein Akt.

Habe Ionen mal gleich am Anfang in Klammern vor das Wort Konzentration gesetzt. Wenn das Missverständnisse verhindert, ist es generell besser so.

Aber auch Missverständnisse zeigen klar, dass sich jemand mit einem Beitrag intensiv auseinandergesetzt hat, Lohn und Brot des Autoren. :;:

Habe somit zu danken ...