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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Glaubenskrieg wider die Natur



dat_geit
19.09.11, 17:47
Anmerkung Team: Dieser Beitrag wurde aus diesem Thema (http://www.gw-forum.de/showthread.php?713-Forellenbach-Bachforelle-oder-Regenbogenforelle-besetzen)gesplittet.

Das ist ein verdammt gutes Thema und immer wieder auch sehr aktuell bei uns. Das sehr viele Seen und Teiche künstlich entstanden sind und oftmals auch über eine gestörte Biozönose verfügen dürfte euch hinlänglich bekannt sein. Verzweifelte Versuche daran etwas zu ändern scheitern sehr oft an den Interessen und Vorstellungen der Bewirtschafter.

Aber es gibt natürlich auch biologische Grenzen und äußere Einflüsse, die eine ausgewogene Biodiversität einfach unmöglich machen.
Schnell erleben wir wie eingeschleppte oder bewusst eingesetzte Neobiota Nischen füllen, sich perfekt an bestimmte Lebensbedingungen anpassen oder gar Strukturdefizite überwinden und damit Bereiche besiedeln, die kaum von heimischen Arten genutzt werden können.
Deshalb war ich auch zunächst erstaunt als ich bei meinen Recherchen zu Neophyten auf einen Tagungsband von 2004 in Schleswig-Holstein traf, Neophyten in Schleswig-Holstein: Problem oder Bereicherung? http://www.umweltdaten.landsh.de/nui.../neophyten.pdf.
Einer Artikel darin lautet Sind die Neophyten von heute die Rote-Liste-Arten von morgen?

Er führt uns meines Erachtens zum Grundproblem. Können wir auf Dauer überhaupt die Anstrengungen einer Fauna und Flora nach unseren Vorstellungen zu erhalten oder wiederherzustellen? Oder wird dieser Kampf eh gegen die Klimaveränderungen auf Dauer nicht zu gewinnen sein? Welchen Sinn macht es in einem kaum wiederherzustellenden Gewässerkörper oder gar künstlich geschaffenen, etwas mit großer Kraftanstrengung anzustreben, wenn ökonomisch bessere Alternativen zur Verfügung stehen?
Führen wir nicht einen Glaubenskrieg wider der Natur?

Ich komme immer mehr ins Wanken und muß mich gerade aktuelle damit auseinander setzen, wenn man meinem Heimatfluss die Lachswiederansiedlung versagt, in dem man behauptet, er wäre hier nie heimisch gewesen, sondern bereits seit fast 200 Jahren besetzt worden.
Das ist doch beinahe Paradox und eigentlich ein unnötiger Glaubenskrieg bei unterschiedlicher Quellenlage.
Interessant ist allerdings ein Argument, dass uns näher an das Problem bringt. Man hat Angst der Lachs könnte den Meerforellen Konkurrenz machen.......

Tut mir leid, wenn das jetzt hier an Eingangs gestellten Fragestellung zunächst einmal vorbei geht.
Aber ich sehe hier ein Grundsatzproblem. Was ist besser für die Biozönose?

Arten die sich in einem Lebensraum perfekt anpassen oder Arten die vielleicht für Jahrzehnte oder Jahrhunderte weiter künstlich erhalten werden müssen.
Derzeit sind alle Salmonidenarten in unseren Fließgewässern darauf angewiesen, durch künstliche Reproduktion gestützt zu werden.
Und dann kommt schnell die Frage, wenn kein Interesse mehr von Seiten der Angler vorliegt, wer kümmert sich dann um diese aufwendige Reproduktion?

Beim gleichzeitigen Besatz mit RF würde sich doch der Angeldruck auf die übrigen Salmoniden verringern und trotzdem eine hohe Motivation auch für die Förderung der anderen Salmonidenarten erhalten bleiben.
ich kann meinen Verein schon verstehen, dass nicht alle meinen Einsatz verstehen für die MF´s, wenn unsere aktuellen Fanglisten gerade mal 19 Fische aufweisen, wo es in den 80er und 90er Jahren mal bis zu 200! waren.
Ich habe nun noch mehr Fragen aufgeworfen und bitte euch einfach mal über den Sinn bestimmter Maßnahmen nachzudenken und ob es tatsächlich nicht auch Toleranz erfordert etwas zu bewirtschaften.


Andreas

Toni
19.09.11, 20:16
Er führt uns meines Erachtens zum Grundproblem. Können wir auf Dauer überhaupt die Anstrengungen einer Fauna und Flora nach unseren Vorstellungen zu erhalten oder wiederherzustellen? Oder wird dieser Kampf eh gegen die Klimaveränderungen auf Dauer nicht zu gewinnen sein? Welchen Sinn macht es in einem kaum wiederherzustellenden Gewässerkörper oder gar künstlich geschaffenen, etwas mit großer Kraftanstrengung anzustreben, wenn ökonomisch bessere Alternativen zur Verfügung stehen?
Führen wir nicht einen Glaubenskrieg wider der Natur?



Im schön rein den Finger in die offne Wunde..............

Die Frage stellt sich immer öfter, je tiefer man in die Materie Gewässerbewirtschaftung einsteigt. Wo machts Sinn sich an einem Idealbild der Gewässer festzuklammern? Was ist ideal? Sind Neozoen grundsätzlich zu bekämpfen oder dürfen wir uns freuen, dass sie ökologische Nischen nutzen wo es die heimischen Arten nicht (mehr) können?

Ich hab mir grad heuer so eine Geschichte eingetreten. Signalkrebse. Nachdem ich von Kameraden immer wieder hörte, dass sie da und dort immer wieder mal Krebse sehen oder fangen bin ich der Sache etwas auf den Grund gegangen. Das heißt, ich war das ganze Jahr über regelmässig mit Krebsteller und Reusen unterwegs. Abends auch mal mit Wathose Kescher und starker Taschenlampe. Dabei konnte ich Anfangs in einigen Baggerseen ein paar Galilzier verhaften. Das einzige (untersuchte) Gewässer in dem ich nichts gefangen habe war ein Baggersee in dem vor 8Jahren Edelkrebse besetzt wurden.

Vor zwei Monaten war dann einer unsere Bäche an der Reihe. Als ich nach 5Minuten das erste Krebsteller hob, eigentlich nur um zu sehen obs ordentlich liegt, waren 5 Signalkrebse drauf. Kurz und gut in dem Bach wimmelt es von Signalos. Pro Reuse fange ich da 30 Krebse in der Stunde.

Was ist nun zu tun. Wenn man sich mit der Krebsthematik auseinandergesetzt hat weiß man was zu tun ist. Krebspestalarm... tatü tata.. alle an die Krebsteller.. raus mit den Biestern....

oder?
Vieleicht kann man den Bestand tatsächlich zusammenhauen, eigentlich ist es zwar aussichtslos aber mit entspechendem Aufwand könnte man den Bestand vieleicht soweit reduzieren, dass sich die Viecher zumindest langsamer ausbreiten. Aber was ist dann? Edelkrebse haben in dem Gewässer nie mehr eine Chance! Die Biologische Nische füllen die Signalos genauso. Also was tun. Signalos bekämpfen weil Neozoe und damit Böse oder akzeptieren dass wir auch unter Wasser immer mehr Multikulti bekommen? Natürlich würde ich nie Neozoen in ein Gewässersystem einbringen wo sie noch nicht vorkommen, aber darüber obs nicht sinnvoller ist, im System vorhandene erfolgreiche Neozoen zu förden, statt auf biegen und brechen auf heimische Arten zu setzten denke ich in letzter Zeit viel nach (Jaa Ich hab Jehova gesagt).

Petri
Toni

dat_geit
19.09.11, 22:04
Ja, man wird sehr sehr nachdenklich und du hast ein verdammt gutes Beispiel aus deinem Bereich gebracht, an dem man gesetzlich sich schnell eine Meinung bilden kann........
Doch eben das ist nicht alles.
Das Herumreiten auf genetischen Gruppen ist ja nicht schlecht, aber was sind die Alternativen, wenn die es nicht packen?
In der Natur ist das ohne den Menschen eine ganz einfache Sache oder habe ich die neusten Erkenntnisse zum Thema Neandertaler und Homo Sapiens etwa falsch verstanden?
Immer wieder meinen wir Gott zu spielen und wenn wir es vergeigt haben, müssen wir es wieder in Ordnung bringen, egal um welchen Preis.
Ich meine wir müssen uns zunehmend offen auch für die Alternativen halten und den Klimawandel im Auge behalten.
Der Wolfsbarsch auf seinen Marsch Richtung Ostsee ist ein verdammt gutes Beispiel, wie es ohne das Handeln des Menschen laufen kann, wenn wir mal von der Schuld an der Erwärmung unserer Atmosphäre absehen.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
19.09.11, 22:14
Hey, bei uns sind noch keine Signalkrebse.
Aber der Kamberkrebs, ist überall.
Ich hätte nicht ein Gewässer wo ich es versuchen könnte Edelkrebse zu setzen.
Die Nische ist sicher schon besetzt.
Ok die Hechte und Aale freuen sich, über
eine Erweiterung des Futters.

Wollhandkrabbe, Rapfen, Zander, Wels und etliche Muscheln sind da noch bei uns, zu nennen.
Wer glaubt die wieder ausrotten zu können denn halte ich für einen weltfremden Träumer.
Eine Ausdünnung ist sicher machbar aber mit gewaltigen Aufwand verbunden.
Müsste dann für immer fortgesetzt werden.:ärger:

Dann doch lieber mit der Veränderung leben und diese vernünftig nutzen.

Steini

Mattes
19.09.11, 22:31
Springkraut, Grundel, Wels, ...

Können wir sie aufhalten?

Wohl kaum. Hintenrum zieht die Dorade in die Ostsee ein.

Warum engagieren wir uns trotzdem? Wozu Aale umsiedeln, wenn man sich sicher ist, dass er aussterben wird? Wozu Springkraut rupfen, angesichts der Omnipräsenz? Edelkrebse besetzen, deren Pest um die Ecke wohnt?

Ich kann es euch nicht wirklich erklären. Möglicherweise ist es zu vergleichen, mit einem Todkranken, den man angesichts der Diagnose auch nicht gleich in Grube wirft.

Einen Hoffnungsschimmer wahren? Wenigstens was getan zu haben? Das eigene Gewissen entlasten?

Was treibt uns dazu, vermutlich hoffnungslos Abläufen, dennoch etwas entgegen zu stellen?

Albert
19.09.11, 22:40
Aber ich sehe hier ein Grundsatzproblem. Was ist besser für die Biozönose?
Arten die sich in einem Lebensraum perfekt anpassen oder Arten die vielleicht für Jahrzehnte oder Jahrhunderte weiter künstlich erhalten werden müssen.


Die Frage stellt sich immer öfter, je tiefer man in die Materie Gewässerbewirtschaftung einsteigt. Wo machts Sinn sich an einem Idealbild der Gewässer festzuklammern? Was ist ideal? Sind Neozoen grundsätzlich zu bekämpfen oder dürfen wir uns freuen, dass sie ökologische Nischen nutzen wo es die heimischen Arten nicht (mehr) können?

Entschuldigung, wenn ich zitiere und event. was aus dem Zusammenhang reiße.
Aber diese 2 Fragen sind die Kernfragen generell, wenn man sich zu Naturschutz, Artenvielfalt, Gewässerrenaturierung, Zusammenstellung der Fischzönose und weiteren wie Biotop am Ufer, Phyten unter und über Wasser, Amphibienschutz, Odonatenbesiedelung, Fischnährtierchen, Insektenaufkommen, Wassergeflügel.................................... ..... so seine Gedanken macht.

Bei künstlichen Auskiesungsseen steht der Nutzer vor der Frage welcher Typ See soll denn entwickelt werden. Nur, die Auskiesungsgewässer sind schon der Kindheit entwachsen und die Bewirtschaftung weit fortgeschritten.
Dem Aquarianer ernsthafter Natur gehts nicht anders. Habitat vor dem geistigen Auge, Imitat geschaffen. Barbenbecken, Diskusaquarium usw. passen sich dem Lebensraum optisch gut an.
Nachwuchs gibt es auch. Also viel richtig gemacht. Ob Amazonas- Schwertpflanzen oder Wasserkelche aus dem Asiatischen Dschungelgewässern ist da nicht so wichtig.

So auch im künstlichen Auskiesungssee. Ohne Zutun des Menschen würden 2-3 Fischarten durch Wasservögel eingeschleppt werden. Armleuchteralgen und 1-3 weitere Wasserpflanzen ebenfalls.
Bei Bewirtschaftung sieht es ganz anders aus. Ufergestaltung, Wasserpflanzenansiedlung, Baumbepflanzung, Besatz.
Aber siehe da, Amphibien, Insekten siedeln sich an. Irgendwie verzahnt sich was so nicht zusammengehört. Welche Vorgänge unter Wasser sich da abspielen wird nie beobachtet, keiner weiß es.
Der Aquarianer ist da voll im Vorteil, kann beobachten, analysieren, mit Kescher eingreifen. Der GW kann kaum noch was tun. Biozönose bleibt ein Imitat.

Im natürlichen Flussystem geht es etwas anders zu.
Man pachtet das Fischereirecht eines Teilstückes, nie den ganzen Fluss oder Bach. Fischarten ohne unser Zutun rücken vor wie Grundeln, Blaubandbärbling. Andere werden besetzt wie Hecht, Nase, RF, Saibling, Äsche usw.
Nun hat jeder seine Sicht der Dinge. Ich natürlich auch. Sind unsere Flüsse nicht noch immer gefesselt und werden es bleiben? Und die geklärten Abwässer muss er zusätzlich aufnehmen.
Na klar, wehe der Fluss verlässt sein Bett und Überschwemmungen bedrohen die Häuser in der Aue. Da wird der Damm erhöht und die Ufer mit Spundwänden befestigt.

Ja Aber Hallo! Hat sich in den letzten 20 Jahren nicht unvorstellbar viel getan.
Wie viele Wehre wurden schon zurück gebaut? Um wieviel hat sich die Wasserqualität verbessert. Was wird noch erreicht? Wie wirkt sich die WRRL in 15 Jahren aus.
Ich hatte schon mal geschrieben, das mein Leitsatz seit Jahren ist "Frage nicht wie der Fluss Dir nutzt, Frage was Du für den Fluss tun kannst."

Robinienmonokultur im Auwald, Springkrautmono am Ufer, Karpfen- und Hechtbesatz unterhalb, Saiblinge, RF oberhalb, Wasserkraft, Fäkalieneinleitungen, Begradigung, Eindeichung. Ich höre den Fluss schreien.
Den Ursprung wieder herzustellen geht in unserer Kulturlandschaft mit der Mehrfachnutzung der Flüsse wirklich nicht mehr. Aber mitzuwirken, ein Stückchen Biodiversität herzustellen sollte das Ziel sein.
Das Ziel sehe ich noch lange nicht, scheiß langer Weg.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
19.09.11, 23:16
Ja Albert, man kennt die Richtung, in die man gehen will. Es ist aber ein langer holpriger Weg von dem man nicht weiß wo er wirklich endet.
Unterwegs trifft man viel neue Weggefährten, andere verlassen ihn wieder.

Keiner kann heute sagen wie die Natur sich langfristig weiter entwickeln wird. Eiszeiten, Warmzeiten alles ist möglich. Wäre aber schade, wenn einige Erfindungen der Natur verloren gingen. Ich denke z.B an Aal, Lachs, Stör und vieles mehr. Das aber sind nur die großen die wir wahrnehmen. Selbst kurzfristig ist es nicht nur eine Schande sondern auch Wahnsinn solche natürlichen Patente zu vernichten.
Wer weiß was (Eure Kinder :grins:) später benötigen.
Nach dieser Zeit des Überflusses.

Hatte mal meinem Vater spaßig vorgeworfen, dass die Nachkriegsgeneration, rücksichtslos nur Wohlstand im Kopf hatte. (Bei der Rente wird es genauso). Vergaßen alles was früher über Natur bekannt war und wir müssen es ausbaden.:grins:

Hat Ihn schwer getroffen. Nachdenklich sagte er mir: Ja, das stimmt und es ist mir heute sehr peinlich daran beteiligt zu sein.

Ich bin aber sicher, wir sind heute nicht viel besser.
Hatte gestern ein Gespräch mit so einem technikgläubigen Ingenieur (Angler).
Wasserkraft, Wind und Sonne bald schaffen wir 100% der Stromversorgung, er machte mir echt Angst.

Steini

Albert
20.09.11, 18:18
Hatte mal meinem Vater spaßig vorgeworfen, daß die Nachkriegsgeneration, rücksichtslos nur Wohlstand im Kopf hatte. (Bei der Rente wird es genauso.)
Vergaßen alles was früher über Natur bekannt war und wir müssen es ausbaden.


Ich bin aber sicher, wir sind heute nicht viel besser.
Habe gerade den Grünen Punkt in die gelbe Tonne entsorgt. :Klatsche:
Denke gerade an die Müllstrudel im Pazifik und Atlantik. Und an 12 bis 14 Mill. chemischen Verbindungen der Neuzeit.
An die Globalisierung mit dem unbewussten oder bewussten Mittransport vieler Tierchen und Pflanzen.
Also viel besser sind wir nicht.:Nein:

Toni
21.09.11, 11:12
Also besser als unser Altvorderen sind wir wohl nicht. Auch damals (als alles besser war) haben die meisten sicher nach bestem Wisssen und Möglichkeiten gehandelt. Alte Maßnahmen nach heutigem Wissen und Zeitgeist zu beurteilen währe unfair.

Aber die Frage, Glaubenskrieg wieder die Natur, verstehe ich So, ob wir nicht manchmal unsere Dogmen überdenken sollten. Ich hab da einige Punkte die mir lange völlig klar waren und die immer kniffliger werden je länger ich darüber nachdenke.

Nur als Beispiel:
Dogma I, bei uns Huchen:
natürlich retten wir den Fisch seit Jahrzehnten vor dem Aussterben, mit riesigem Aufwand. Wir halten andere Räuber kurz (Hecht und Waller) und besetzen seit Jahrzehnten für Unsummen. Da sind wir auch entsprechend Stolz drauf. Zurecht? Ist es ökologisch Sinnvoll eine Art zu fördern die ohne Hilfe kaum mehr eine Chance hat?

Die alternative währe es, das Geld für die Huchensetzerei in Gewässerstrukturierungen zu investieren und die Arten, die sich natürlich fortpflanzen damit zu fördern. In Punkto Biodiversität währs wohl das einzig richtige.

Beispiele in der Art gibts zuhauf
Ich nehme an beim Einen oder Anderen von euch ist das Pendant vieleicht der Lachs oder die Meerforelle oder irgend was anderes. Auch das Thema durchgängigkeit ist so ein Ding.


Ich hab diesen Tread für mich schon zum Anlass genommen das eine oder ander Dogma zu überdenken. Danke für den Denkanstoss.

Petri
Toni

Der Siedler
21.09.11, 15:46
Ich denke über die Huchengeschichte auch nach, so als Beispiel.
Für mich muss ich aber erstmal klären warum sind sie nicht überlebensfähig. Nur durch uns Menschen? Dann wäre ich für den Erhalt.
Wenn die Natur allerdings der Grund ist, tja... wär schade drum, ist dann aber so.

dat_geit
22.09.11, 12:45
Ich fürchte mich nicht davor meine Konflikte offen zu äußern.
Ich fand es schon extrem spannend die Seiten zu wechseln.
Als Gewässerwart sieht die Welt plötzlich ganz anders aus.

Aber ich habe gerade vorgestern wieder den neuen Vorstoß in der Fisch&Fang gelesen zum Thema selektive Entnahme. Ja endlich mal was dazu gelernt die Printmedien und dem Kind einen verträglicheren Namen gegeben.

Interessante Argumentation, aber leider wird es wieder eine harte Endlosdiskussion geben. Schön war der Hieb auf die Gesetzeslage in Bezug auf die sinnvolle Verwertung. Aufhänger waren übrigens die Kapitalen, besonders die großen alten Barsche.......ihr wißt ja wovon wir da reden......:Bravo:

Steini (verstorben am 06.09.2019)
22.09.11, 14:09
Mal zwei Bespiele, wie erfolgreich der Kampf gegen Neue Arten in Deutschland sein kann.
Waschbär und Bisam !
Beide als Pelztier eingeführt und seit Jahrzehnten werden Sie bekämpft.
Da ist viel Geld geflossen, aber anstatt einmal richtig aufzuräumen, wurde und wird halbherzig gearbeitet.
Der Bisam ließe sich sicherlich auch hier in Deutschland ausrotten, dann aber blieben weitere Gebiete in Europa als Rückzugsraum von wo er neu zu uns kommen würde.
Die bleiben nun für immer.
Die Bekämpfung hat nur noch das Ziel den Schaden erträglich zu halten.
Ich meine den Schaden im Wasserbau, die Natur wird sich umstellen oder umgestellt haben.

Bekämpfung ist immer nur am Anfang möglich, am besten den Handel einschränken.
Recht lustig zeigt mir jeder Gartengroßhandel wie ernst es Deutschland bei diesem Thema ist.
Freisetzen fremder Arten im Garten, ist doch wohl normal, ist das aber nicht auch Natur ?

Klar, rechtlich wohl nicht.
Da wird dann die Wertigkeit angezeigt.

Schauen wir zum Stör, der soll wieder besiedelt werden.
Leider sind Besatzfische aber nicht zu erwerben, weil sie noch nicht im Handel sind.
Es ist zur Zeit wohl auch noch nicht möglich, daß Sie später ablaichen.
Aber wenn sie Jetzt besetzt würden , wären sie wenn es möglich ist auch alt genug, dieses zu tun.
Es gibt sicher einige die den Stör als Flußbesatz erwerben würden, auch wenn sie hier von zu nächst nichts hätten, aber es gibt halt keine.
Wenn so ein Markt entstehen würde, würde auch der Preis sinken, das würde wieder die Biologen entlasten.
Wichtig ist doch zur Zeit ersteinmal, daß es Störe wieder im Meer geben würde.
Dann könnte man sich weitere Gedanken machen.
Ein Perfektes Gewässer zu suchen ist OK, aber zweitrangig.
Wichtig ist zu nächst ein Laichfischbestand und das die Art nicht verloren geht.

Wenn die Biologen weiter warten, wird sicher ein anderer Stör in den Flüssen schwimmen.
Die Uhr tickt und nicht alle sind Wanderfische.
Störe aus Besatz, Gartenteichen aber auch der Kaviarherstellung, sind sicher genug in die Flüsse gekommen und werden auch weiter hineingelangen.

Dank nach Berlin,
dort haben Biologen die Möglichkeit für die Wiederbesiedlung geschaffen: Laichfische !

Steini

Albert
22.09.11, 22:24
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Er führt uns meines Erachtens zum Grundproblem. Können wir auf Dauer überhaupt die Anstrengungen einer Fauna und Flora nach unseren Vorstellungen zu erhalten oder wiederherzustellen? Oder wird dieser Kampf eh gegen die Klimaveränderungen auf Dauer nicht zu gewinnen sein? Welchen Sinn macht es in einem kaum wiederherzustellenden Gewässerkörper oder gar künstlich geschaffenen, etwas mit großer Kraftanstrengung anzustreben, wenn ökonomisch bessere Alternativen zur Verfügung stehen?



Führen wir nicht einen Glaubenskrieg wider der Natur?

Ohne die gewollten Veränderungen an den Europäischen Flussystemen bis in die Bäche des Berglandes der letzten 500 Jahre wären viele Fischarten heute nicht in dieser Depression und nicht außerhalb sicherer biologischer Vermehrungsgrenzen.
Warum sollten die EU-Life-Programme zur Wiederansiedlung von Maifisch, Lachs, Stör und Aal wider der Natur sein? Da setzen Institute, Verbände, Vereine und Privatinteressierte ihr Herzblut ein.
Es müssen nur in erheblichen Maße die Rahmenbedingungen zur Ansiedlung oder Wiederansiedlung verbessert und, das ist das wichtigste, koordiniert werden. Eine aufreibende Arbeit.
Ich sehe das auch als Chance der Verbesserung auch unserer Lebensqualität. Das Problem besteht nur darin, das es als geldwerter Vorteil nicht messbar ist.
Als Beispiel soll mal die Wasserkraft herhalten. Der messbare Vorteil an Ressoucenschonung, CO²- Einsparung und finanzieller Ertrag beherbergt Stoff für eine Abendfüllende Veranstaltung.
Die erwiesene nachhaltige Schädigung aller betroffenen Wasserorganismen darf ich bitte wo nachlesen? Nur auf Seiten der Szene. Und die ist (noch) nicht Öffentlichkeitswirksam genug.

Es gibt immer Hinterfragungen zum Klima, Kulturlandschaft, Mehrfachnutzung von Gewässer usw., natürlich kann man auch die Hände in den Schoß legen.
Fische können sich keinen anderen Lebensraum suchen, helfen wir ihnen nicht dann sterben sie aus. Die Wanderfische insbesondere.



Schauen wir zum Stör, der soll wieder besiedelt werden.
Leider sind Besatzfische aber nicht zu erwerben, weil sie noch nicht im Handel sind.
Es ist zur Zeit wohl auch noch nicht möglich, daß Sie später ablaichen.
Aber wenn sie Jetzt besetzt würden , wären sie wenn es möglich ist auch alt genug, dieses zu tun.
Es gibt sicher einige die den Stör als Flußbesatz erwerben würden, auch wenn sie hier von zu nächst nichts hätten, aber es gibt halt keine.
Wenn so ein Markt entstehen würde, würde auch der Preis sinken, das würde wieder die Biologen entlasten.
Wichtig ist doch zur Zeit ersteinmal, daß es Störe wieder im Meer geben würde.
Dann könnte man sich weitere Gedanken machen.
Ein Perfektes Gewässer zu suchen ist OK, aber zweitrangig.
Wichtig ist zu nächst ein Laichfischbestand und das die Art nicht verloren geht.

Wenn die Biologen weiter warten, wird sicher ein anderer Stör in den Flüssen schwimmen.
Die Uhr tickt und nicht alle sind Wanderfische.
Störe aus Besatz, Gartenteichen aber auch der Kaviarherstellung, sind sicher genug in die Flüsse gekommen und werden auch weiter hineingelangen.


Steini, es gibt 2 heimische Störarten.



Dr. Jörn Gessner vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin stellte die Grundlagen und erste Ergebnisse des Versuchsbesatzes mit dem baltischen Stör Acipenser oxyrinchus im Odereinzugsgebiet vor.

- Trennung durch gen. Untersuchung im Jahr 2002 von A.sturio
- Nordamerikanische und Ostseestöre sind genetisch gleich.
- Acipenser oxyrinchus erreichte Ostsee um 300 v. Christi
- Um 800 bis 1200 erreichte die Art hohe Bestandsdichte.
- A.sturio könnte durch die kleine Eiszeit in der Ostsee ausgelöscht wurden sein.Vermutlich durch Nahrungsspektrum. Brackwasser nicht gut für A. sturio geeignet.
- Vorkommen von A. sturio in Nordsee, Atlantik bis Mittelmeer.
- Hybridquote mit A. sturio liegt bei 6 %
- Laichgebiete des Acipenser oxyrinchus in Nebenfluss der Oder, die Warthe auf polnischer Seite noch begrenzt.
- Querverbauungen behindern die Fortpflanzung. Die EU- WRRL- Umsetzung durch Polen sollte Besserung schaffen.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
22.09.11, 23:57
Stimmt Albert, aber da ist das Besatzmaterial weniger ein Problem.
Deutscher Name für A.oxyrhynchus = Atlantischer Stör, Schwarzer Stör.
Beim Stör, (Gemeiner Stör) ist es schon ein Problem, da zählt jeder Wildfisch.
Wenigstens ist das mit den 2 Störarten der aktuelle Stand.
Ausgestorben in Deutschland sind beide.


Hilfe !
Wer weiß was richtig ist, oder warum das so ist ?
A.oxyrhynchus oder A. oxyrinchus beides wird verwendet.
Thomas du lieber Kerl, könntest Du nicht......

Schleimi

Thomas
23.09.11, 08:43
Hi Steini,

der wissenschaftliche Name des Baltischen bzw. Atlantischen Störs ist A. sturio.

Nordamerikanische Populationen werden auch als A. oxyrhynchus, also als eigene Art, geführt. Wer nur Unterartstatus verleihen will, bezeichnet als A. sturio oxyrhynchus.

Oxyrhynchus ist die richtige Schreibweise:
Gr. Präfix Oxy~ = scharf, spitz, zugespitzt
Latinisierter Suffix ~ rhynchus = Schnauze, Nase

Also übersetzt meinetwegen der spitzschnäuzige Stör.

Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.09.11, 09:28
:hmm:.Hm...
Da bist Du sicher?
Dann ist aber, zB A.oxyhynchus desotoi eine Unterart der Unterart.
Sind Sturio und Oxyhynchus nicht mitlerweile 2 einzelne Arten, der Gattung Acipenser (Störe)?
Hab hier stehen das es 15 Arten sind, die der Gattung angehören.
(der Rest der Familie: Hausen, Schaufelstöre, Löffelstöre wird anders eingeordnet)
Habe da gestern etwas gestöbert, aber klug geworden bin ich nicht daraus.

Steini

Thomas
23.09.11, 09:54
Dann ist aber, zB A.oxyhynchus desotoi eine Unterart der Unterart.
Sind Sturio und Oxyhynchus nicht mitlerweile 2 einzelne Arten, der Gattung Acipenser (Störe)?
Steini

Hi Steini,

nein, dann wäre A. oxyrhynchus desotoi eine Unterart der Art A. oxyrhynchus.

Wie ich schon vorher schrieb, manche Wissenschaftler ordnen A. oxyrhynchus als Art ein, manche nur als Unterart (in dem Fall dann A. sturio oxyrhynchus).

Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.09.11, 10:07
Hi Steini,

nein, dann wäre A. oxyrhynchus desotoi eine Unterart der Art A. oxyrhynchus.

Genau so als Unterart wird desotoi angegeben.:grins:

Wie ich schon vorher schrieb, manche Wissenschaftler ordnen A. oxyrhynchus als Art ein, manche nur als Unterart (in dem Fall dann A. sturio oxyrhynchus).

Macht für mich nur Sinn, wenn es mitlerweile 2 Arten sind.
Steini

dat_geit
24.09.11, 07:10
Zum Thema Störe empfehle ich folgende Studie
Perspektiven für eine Wiederansiedlung des
Europäischen Störs (Acipenser sturio L., 1758)
im Einzugsgebiet des Rheins
Nun auch in unserem Literaturverzeichnis vorhanden.:grins: