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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hybriden - kann das stimmen ?



Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.09.11, 10:59
Bin da auf etwas mir Neues gestoßen.

Störe sollen in zwei Gruppen einzuteilen sein!

Diploide Arten mit etwa 120 Cromosomen und tetraploide Arten mit etwa 240 Chromosomen. Kreuzt man Fische aus beiden Gruppen, ist der Nachwuchs F1 steril (triploid). Kreuzt man aber Fische aus einer Gruppe, ist F1 fruchtbar (fertil).

Kreuzt man nun Fische der F1 Generation mit einander greift das Mendelsche Gesetz und ein Teil (F2) ist wieder reinrassig. OK, nach Mendel ist das möglich, aber mir war nicht klar, dass so etwas zwischen 2 Arten auch abläuft. Das Versehen wird also später von der Natur wieder rausgekreuzt, weil die Reinformen besser angepasst sind oder eine Zuchtwahl der Partner besteht.

Erschwert natürlich die Bestimmung der Art extrem, wenn Hybriden und Reinrassige sich immer mal wieder weiter kreuzen. Oder wenn mehr als 2 Arten da im Spiel sind.

Wenn das aber wirklich möglich ist, dann sollte es auch bei anderen Fischen so sein. Das würde dann bei allen Arten so sein, die sich fruchtbar kreuzen.

Nach Mendel, könnten dann verschollene Arten in einer anderen Art versteckt weiter existieren. Ich denke da an die Bachneunaugen und Flussneunaugen, Forellen, aber vor allem an Maifisch und Finte. Bei tausenden von Jungen würden immer einige Reinrassige dabei sein.
Für mich ergäbe sich so ein völlig neues Verständnis, für Anpassung und Wiederbesiedlung. Würde auch erklären, warum vereinzelt immer mal wieder Maifische auftauchen, ohne dass sie als Art bei uns noch vorkommen.

Steini

Thomas
23.09.11, 14:05
Wenn das aber wirklich möglich ist, dann sollte es auch bei anderen Fischen so sein.
Das würde dann bei allen Arten so sein, die sich fruchtbar kreuzen.


Hmm, Steini, der biologische Artbegriff fordert aber genau ein, dass sich zwei Arten nicht fruchtbar kreuzen. Kreuzen sie sich fruchtbar, liegen keine zwei verschiedenen Arten vor, sondern allenfalls Art und Unterart. Oder eben nur eine Art.

Vgl. hierzu:
http://www.gw-forum.de/showthread.php?147-Der-Artbegriff

Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.09.11, 14:51
So kenne ich das auch.
Wenn schon lebensfähige Nachkommen, dann sollte wenigstens F1 nicht mehr fruchtbar sein.
Nur wir verwenden selbst den Artbegriff ja anders. Bei der trutta z.B.

Sicher sind das dann Unterarten, nur wir verwenden eben in Deutschland selten die vollen wissenschaftlichen Namen.
Bei der Forelle beginnt ein Umdenken, aber es könnten eben auch noch einige Arten mehr sein.
Forelle ist aber ein schlechtes Beispiel, weil sie nach Unterscheidungsmöglichkeiten eingeteilt ist.
Sicher, die Marmorata ist eine Unterart, aber Bach-, See-, Meerforelle sind wohl eher eine Anpassung an den Lebensraum und gleichzeitig wegen der Trennung der Lebensräume, Rasse oder Stamm.

Nehmen wir den Bester, ein Hybride aus Hausen und Sterlet = fertil
Da überspringen wir nicht nur Arten sondern Gattungen (Acipenser + Huso)
Optisch sind die sicher zu unterscheiden und wurden halt so eingeteilt.
Wie Du schon geschrieben hast, mit wirklicher Verwandtschaft hat die Einteilung wenig zu tun.
Bester soll ab der F2 nicht mehr so gut wachsen.

Bei den Maifischen ist es einfacher, da ist bekannt, dass sie sich kreuzen.
Alosa fallax + Alosa alosa
Da würde die Namensgebung passen.

( :heimtückisch:man könnte höchstens lästern, dass nur die Größe der Fische bei Namensgebung wichtig war!
Sonst könnte der Maifisch heute ja auch Fallax alosa heißen)

Thomas
23.09.11, 18:21
Nehmen wir den Bester, ein Hybride aus Hausen und Sterlet = fertil
Da überspringen wir nicht nur Arten sondern Gattungen (Acipenser + Huso)


Stimmt, Steini, dann ist die systematische Einordnung der federführenden Biologen hier nicht komplett logisch, bzw.:

Hier werden Spezies beschrieben, deren Arttrennungsprozess noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass man wirklich von 2 distinkten Arten sprechen könnte (oder müsste).
Allerdings können wir von einem sympatrischen Vorkommen ausgehen.

Den Gattungsnamen, da liegst Du richtig, bekommt die oftmals erstbeschriebene Art, aber hoffentlich doch versehen mit den plesiomorphen (also wirklich urtümlichen) Merkmalen.

Genetische Untersuchungen liefern heutzutage jede Menge 'neuer Wahrheiten' an den Tag ... Biologie ist keine statische Wissenschaft, sondern eine, die oftmals umdenkt, weil sie eben umdenken muss.
Manchmal geradezu gezwungen wird umzudenken.

Spätestens über den Winter schreib' ich Euch mal was über Artentstehung. Sympatrische, allopatrische ... Evolutionsbiologie ist ja doch die spannendste Teildisziplin der Biologie, finde ich zumindest. :;:


PS: Steini, eine Nachfrage noch, ist wichtig: entstehen die 'Bester' nur bei künstlicher, menschgemachter Befruchtung, oder auch immer wieder mal in freier Wildbahn?

Steini (verstorben am 06.09.2019)
23.09.11, 23:31
Na ich denke dies ist der passende Link:http://www.mueritzeum.de/de/natur_verstehen/biodiversitaet/bedrohung_fossil_gigant

Umdenken und eine Antwort zum Bester

Bester ist künstlich !
Beluga (weiblich) + Sterlyad (männlich) = Bester

Ich habe über viel über wilde Stör-Hybriden gefunden, da geht es scheinbar recht zügellos zur Sache.
Kann also sein, dass auch der Bester selten vorkommt.
Aber mal ehrlich, die kommen zwar in den gleichen Flüssen vor, aber die Sterlets werden sicher im viel flacheren Wasser ablaichen als Hausen.

:grins:
Also ich hätte Angst, wenn das Weib mehr als 100 mal schwerer ist als ich.

Steini sagt, Danke

Thomas
24.09.11, 14:00
Bei den Maifischen ist es einfacher, da ist bekannt, dass sie sich kreuzen.
Alosa fallax + Alosa alosa
Da würde die Namensgebung passen.

( :heimtückisch:man könnte höchstens lästern, dass nur die Größe der Fische bei Namensgebung wichtig war!
Sonst könnte der Maifisch heute ja auch Fallax alosa heißen)

Hi Steini,

der Maifiisch (Alse) ist Alosa alosa, also die Art, die der gesamten Gattung den Namen gegeben hat.
Alosa fallax ist die Finte (Elben).

Die gemeinsame Einordnung in die Gattung Alosa spricht also für eine relativ nahe Verwandtschaft. Das Artsuffix 'fallax' bei der Finte bedeutet übrigens 'falsch', die Finte wird als falscher Maifisch bezeichnet.

Warum Fallax alosa, Steini?

Zur sicheren Unterscheidung der Arten muss man morphologisch augenscheinlich auf das Merkmal Kiemenreusenbedornung zurückgreifen.
Ein Hybride aus beiden würde als Alosa alosa X Alosa fallax bezeichnet werden.

Dass Hybriden aus Maifischen und Finten relativ häufig vorkommen, war für mich schnell rekapitulierbar, Zitat:
As these species co-exist in many Atlantic draining rivers and there are no complete reproductive barriers between them, hybridization
has been extensively documented (Baglinière 2000).
(Quelle (https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:ghyDJGnRo0UJ:193.137.39.3/SAPINTO2/rui1.doc+Alosa+alosa+X+fallax&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESgWRO3qCv4MhZ2Fy1K5ZN2GeD7bxkRhiDxobmco NR73JgjGpKOUHOjDxvjaQeR0hwD3j4aFezvKT42HuA5OwOa4T6 rfjg1NmmZlys4rDI8M5JmcoOhI8GPis_glSScXV9WifG6u&sig=AHIEtbTDD8ats_LOF1-pTs2KGWNaNUhT3w))

Ich konnte bisher aber keinen Hinweis darauf finden, dass diese Hybriden fertil sind. So unübersichtlich wie bei den Stören scheint die Situation hier also nicht zu sein.

Da sich die meisten Knochenfische der äußeren Befruchtung als Fortpflanzungstechnik bedienen, und dann noch im Wasser, einem Medium, das 800mal dichter als Luft ist und damit Keimzellen weit transportieren kann, darf man deshalb wohl auch eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Hybridisierung erwarten.
Man denke da nur an unsere heimischen Cypriniden. :;:

Steini (verstorben am 06.09.2019)
25.09.11, 11:32
der Maifiisch (Alse) ist Alosa alosa, also die Art, die der gesamten Gattung den Namen gegeben hat.
Alosa fallax ist die Finte (Elben).

Stimmt, der Maifisch gab dieser gesamten Gruppe den Namen (Alosa).


Die gemeinsame Einordnung in die Gattung Alosa spricht also für eine relativ nahe Verwandtschaft. Das Artsuffix 'fallax' bei der Finte bedeutet übrigens 'falsch', die Finte wird als falscher Maifisch bezeichnet.

Warum Fallax alosa, Steini?

Ich schrieb so hätte es sein können, es wurde sicher aber der Maifisch erstbeschrieben, da er wirtschaftlich schon wegen seiner Größe und seinem Vorkommen im Binnenland, bekannter war.
Wenn es aber um Abstammung gegangen wäre, hätte man sicher die Finte als Namensgeber verwendet.
Da ich aber nicht wusste, das Fallax falsch bedeutet, kam ich auf diese Idee mit dem Namen.
Somit völliger Quatsch!
Aber, abstammungstechnisch gesehen wäre es sicherlich sinnvoller die Finte als Namensgeber zu führen und den
Maifisch als Unterart, der noch weiter die Flüsse herauf wandert.
Das ist nun mal anders abgelaufen und war von mir auch nicht ganz ernst gemeint.


Zur sicheren Unterscheidung der Arten muss man morphologisch augenscheinlich auf das Merkmal Kiemenreusenbedornung zurückgreifen.
Ein Hybride aus beiden würde als Alosa alosa X Alosa fallax bezeichnet werden.

Dass Hybriden aus Maifischen und Finten relativ häufig vorkommen, war für mich schnell rekapitulierbar, Zitat:
As these species co-exist in many Atlantic draining rivers and there are no complete reproductive barriers between them, hybridization has been extensively documented (Baglinière 2000).
(Quelle (https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:ghyDJGnRo0UJ:193.137.39.3/SAPINTO2/rui1.doc+Alosa+alosa+X+fallax&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESgWRO3qCv4MhZ2Fy1K5ZN2GeD7bxkRhiDxobmco NR73JgjGpKOUHOjDxvjaQeR0hwD3j4aFezvKT42HuA5OwOa4T6 rfjg1NmmZlys4rDI8M5JmcoOhI8GPis_glSScXV9WifG6u&sig=AHIEtbTDD8ats_LOF1-pTs2KGWNaNUhT3w))

Ich konnte bisher aber keinen Hinweis darauf finden, dass diese Hybriden fertil sind. So unübersichtlich wie bei den Stören scheint die Situation hier also nicht zu sein.

Quelle: Der Maifisch, Fisch des Jahres 2004 VDSF wörtlich:
Aleandrino&Boisneu (2000) stellten eine große Übereinstimmung zwischen der Genetik von Maifisch und Fintefest und folgerten, der Maifisch könnte aus der Finte hervorgehen. Maifisch und Finte sind ein Artenkomplex und stellen möglicherweise nur zwei verschiedene ökologische Formen einer Art dar.


Da sich die meisten Knochenfische der äußeren Befruchtung als Fortpflanzungstechnik bedienen, und dann noch im Wasser, einem Medium, das 800mal dichter als Luft ist und damit Keimzellen weit transportieren kann, darf man deshalb wohl auch eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Hybridisierung erwarten.

frei wiedergegeben:
In diesem Fall ist es sicher anders, wenn sie am wandern gehindert werden laichen sie gemeinsam.
Dann kann der Anteil der Hybriden deutlich ansteigen und sogar den Hauptteil ausmachen. Quignard&Douchement 1991a (gleiche Quelle).

Steini