PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Diskussion chemischer Messwerte: Eisen



Toni
17.12.11, 20:47
Hallo Gemeinde,

Da ich mich nun entschieden habe die chemischen Parameter unserer Vereinsgewässer genauer unter die Lupe zu nehmen würde ich gerne ein paar Freds zu einzelnen chemischen Parametern starten.

Ein bekannter von mir hat in einem unserer Gewässer einen Eisengehalt von 0,8mg/l Gesamteisen gemessen. Verwendet wurde ein Tröpfchentest von JBL.

Wie ist der Einzuordnen? Irgendwo habe ich im Netz einen Hinweis gefunden, dass der Grenzwert für Trinkwasser bei 200µg/l liegt, dieser aber nur aus optischen Gründen gewählt wurde, ansonsten währen auch höhere Eisengehalte unkritisch (für den menschlichen Verzehr). Naja also 4-facher Trinkwassergrenzwert, was soll´s trinken will ich es eh nicht.

Ok, der Wert ist hoch, aber was sagt mir das. Ist das letal für Fische/für Amphibien/für Nährtiere/ für Fischbrut? Meiden Fische sowas? Merken die überhaupt was davon?

Mal überlegen, was weiß ich zum Thema Eisen im Wasser. Es gibt zweiwertiges und dreiwertiges Eisen, unter gewissen Bedingungen gehen die Formen ineinander über, aber unter welchen? Im Aquarium brauchen die Pflanzen Eisen, da ist üblicherweise eher zu wenig im Wasser vorhanden.

aah ich hab was gefunden http://www.hamburg.de/contentblob/135122/data/eisen.pdf
Fe++ wird schnell zu Eisenhydroxid umgebaut. (ich würd jetzt gerne die Formel hier reinschreiben, aber wie schreibt man Chem. Formeln auf dem Computer?)

Schädlich ist demnanch der Effekt, dass Fe++ an der Oberfläche der Kiemen zu dem Gelartigem Eisenhydroxid oxidiert und diese Schicht die Kiemen bedeckt. Dadurch wird die Sauerstoffaufnahme behindert und Fische können ersticken:shock:

Laut des oben verlinkten PDFs ist ein Fe-Gesamt von 2mg/l und Fe++ von 0,5mg/l unproblematisch.

Aber was ist nun bei 8mg/l? Ok, wir müssen Fe++ messen, aber selbst wenn der Wert unter o,5mg/l währe, ist nicht dann das Fe+++ auch immer noch problematisch, da es ja wenn ichs richtig verstehe gerne alles unter sich erstickt?

Fragen über Fragen. Vieleicht können wir es ja gemeinsam klären.

Petri
Toni

Toni
18.12.11, 20:10
OK, das war wohl etwas zu überladen mein geschreibsl. Also Probiern wirs doch mal Stück für Stück:

8mg Fe-gesamt/l; wie ist der Wert einzuordnen?

Petri
Toni

Thorsten
18.12.11, 21:12
Hi Toni,

ich glaube nicht, dass dein "Geschreibsel" wie du es nennst zu überladen war. Aber die chemischen Werte korrekt zu interpretieren ist nicht leicht, da sie in Wechselwirkung miteinander stehen, und daher nicht unbedingt bei einem absoluten Wert als schädlich oder unschädlich einzustufen sind, die Schwankungsbreite ist enorm. Auch unter dem Gesichtspunkt: "Ist der Wert normal für das Gewässer oder nicht". Das kann man kaum pauschal beantworten, aber ich bin relativer Laie, was die Interdependenz der Wasserwerte angeht.

Von denen, die ich aus dem Board gut kenne sind es Albert und Thomas, die sich mit chemischen Werten sehr gut auskennen, und die sind beide beruflich bedingt in der Vorweihnachtszeit ziemlich im Stress. Ich denke dass du von der Seite spätestens zwischen den Jahren, wenn es ruhiger wird eine fundierte Auskunft bekommst.

Mattes
18.12.11, 22:07
Hallo Toni,

5 Minuten, nachdem du deinen Post hier eingestellt hattest, hatte ich dir geantwortet. Tenor war: Ich selbst habe keine Ahnung, aber Albert und Thomas sind fit, ggf. auch weitere. Wegen beruflicher Bindung kommt es aber dazu, dass mal verschiedene, sehr spezifische Themen liegen bleiben.

Den Beitrag von mir hatte ich dann aber auch fix wieder gelöscht, weil ich Beiträge doof finde, die mit "Ich weiß es zwar nicht ..." beginnen.

Nun hat Thorsten es ja schon beschrieben.

Unser Feld ist derart weit gefächert, dass niemals jemand alles weiß. Dies war einer der Gründe, warum wir dieses Forum eröffnet haben. Zur Zeit sind wir aber erst seit einem Jahr online. Von den derzeit ca. 80 Usern sind ein Drittel aktiv. Viele sind hier, um Fragen beantwortet zu bekommen. Die, die sie beantworten könnten, finden sich auch langsam ein. Es reicht aber nicht nur eine handvoll Wissender um sich zu scharen, da die Fragen um die Limnologie, Gewässerökologie, Fischereibiologie, etc. vielfältiger sind, als Fachleute im Forum. Oft müssen wir uns selber erst einlesen. Dazu kommt der Punkt, dass fast alle vom Team derzeit im Weihnachtsvorbereitungen stecken. Beruflich, wie privat.

Manchmal bleiben Fragen ein, zwei Wochen oder auch Monate unbeachtet liegen. In fast allen Fällen hat es am Ende aber doch jemanden gegeben, der Rat weiß. Ich kontaktiere zum Beispiel auch häufig unser Landesamt zu Fragen der User. Bis man Antwort bekommt vergeht eine Zeit. Siehe Beiträge wie jene zu den "Muschelparasiten" oder "Lösung zur Losung" und andere.

Habe Nachsicht und Geduld. Wir sind selber auch nur einfache Gewässerwarte, die ihr Hobby pflegen. Ich bin erst seit drei, vier Jahren im Amt und sehr, sehr grün hinter den Ohren.

Übrigens, hatte der Post, den ich gelöscht hatte mit dem Satz begonnen: "Spannendes Thema, werde ich verfolgen ... "

:;:

Albert
18.12.11, 22:38
Laut des oben verlinkten PDFs ist ein Fe-Gesamt von 2mg/l und Fe++ von 0,5mg/l unproblematisch.

Aber was ist nun bei 8mg/l? Ok, wir müssen Fe++ messen, aber selbst wenn der Wert unter o,5mg/l währe, ist nicht dann das Fe+++ auch immer noch problematisch, da es ja wenn ichs richtig verstehe gerne alles unter sich erstickt?


Habe Deinen Beitrag gestern spätabends gelesen hatte aber nur noch 6 Stunden bis der Wecker klingelte.

OK, 8 mg Fe gesamt ist etwas hoch aber nicht gefährlich. Da wird Fe (III) incl. Fe (II) und Eisen in Chelatform (kommt natürlicherseits kaum vor, eher in Aquarien) von JBL gemessen.
Da die Wasserprobe nach meiner Annahme nicht unmittelbar am Bodengrund in mehreren Meter Tiefe gezogen wurde, wird nur Fe(III)-wertiges Eisen gemessen.
2wertiges Eisen ist dort vorhanden wo O² gegen 0 mg/l tendiert.
Sauerstoff bindet Eisen zweiwertig schnell, Eisen (II) oxydiert. In meinem Kiessee hab ich 4 mg/l als kaum schwankenden Wert.

Toni
18.12.11, 23:26
Also erstmal danke und Sorry, ich wollt definitiv nicht hetzen, ausserdem sehe ich nicht "den Anspruch auf Auskunft".

Ich denke aber, dass das Thema viele von uns trifft. Ich werde versuchen in nächster Zeit detailiertere Werte ranzubringen. Ich denke hier in die Richtung die verschiedenen Parameter einzeln zu diskutieren und vieleicht findet dann irgendwann in ferner Zukunft eine Zusammenfassung ins Kompendium.

Petri
Toni

Mattes
18.12.11, 23:52
Hallo Toni,

exakt das ist es. Wir suchen, finden, formulieren, fassen zusammen, vergleichen, sehen an unseren Gewässern was, ob und wie sich etwas verändert und lernen. Wenn wir es hier dokumentieren hilft es vielen. Das ist der Weg. :top:

Ich fand deinen Vorstoß ziemlich genial. Einzelne Wasserwerte gezielt auf´s Korn nehmen und diskutieren. Am Ende eine gute Zusammenfassung als Handreiche.

Verfolge dies bitte weiter. Siehe es als dein Steckenpferd hier bei uns. Wenn wir mehr als vier, fünf Beiträge dieser Art beisammen haben, werden wir diesem Punkt auch gerne ein eigenes Unterforum verschaffen.

Toni
19.12.11, 11:01
Einzelne Wasserwerte gezielt auf´s Korn nehmen und diskutieren. Am Ende eine gute Zusammenfassung als Handreiche. ...........

................. Wenn wir mehr als vier, fünf Beiträge dieser Art beisammen haben, werden wir diesem Punkt auch gerne ein eigenes Unterforum verschaffen.

Genau so solls sein:Messias:

Es wird zwar einige Zeit dauern, bis ich vernünftige Werte liefern kann, aber dann sehr gerne. Der Zeitverzug kommt daher, dass ich nun zwar die Freigabe meines Vorstandes habe Messgeräte anzuschaffen, aber praktisch beim Schreiben der Bestellung noch auf die Idee gekommen bin, obs da Fördermittel gibt. Naja die gibts. Die Anschaffung wird mit 50% aus der Fischereiabgabe gefördert. Jetzt habe ich halt erstmal den Förderantrag gestellt.
Mal sehen wie lange das dauert.

Petri
Toni

Toni
19.12.11, 20:27
Chelatform (kommt natürlicherseits kaum vor, eher in Aquarien)

Ist das das Eisenhydoxid? Der bräunliche Schleim der alles bedeckt?


Da die Wasserprobe nach meiner Annahme nicht unmittelbar am Bodengrund in mehreren Meter Tiefe gezogen wurde, wird nur Fe(III)-wertiges Eisen gemessen.

Die Probe wurde nahe der Oberfläche gezogen, allerdings ist das Wasser dort nur Knietief. Der Wert ist sicher etwas verfälscht , da in dem Areal derzeit Baggerarbeiten stattfinden. Also Freitag wurde gebaggert, Samstag nachmittag die Probe gezogen.



2wertiges Eisen ist dort vorhanden wo O² gegen 0 mg/l tendiert.
Sauerstoff bindet Eisen zweiwertig schnell, Eisen (II) oxydiert.
Also wenn ich die Erklärung im pdf richtig verstanden habe, dann erfolgt die Weiteroxidation nur im basischen Mileu. Ok, das kann man messen.


In meinem Kiessee hab ich 4 mg/l als kaum schwankenden Wert.
Ist das dann Fe(III)? gelöst? Ich dachte das setzt sich ab? Da hab ich jetzt einen Denkfehler: Bisher hab ich´s so verstanden, dass Fe(II) schnell mit vorhandenem Sauerstoff weiteroxydiert zu Fe (III) welches sich als Eisenhydroxid absetzt. Also zumindest im basischem Wasser. Aber dann würde man ja nie Eisen im Wasser messen?:hmm: Ok den Punkt kapier ich noch nicht.

Was mir haupsächlich Sorgen macht ist die im pdf am Beispiel der Wedeler Au beschriebene Artenverarmung im Eisenbelasteten Bereich. Das deckt sich mit meinen Beobachtungen in unserem Gebiet. Auch die Differenz zwischen Chemischem und Biologischem Gewässergüteindex beschäftigt mich. Was hilft mir ein relativ guter chemischer Index, wenn nichts dort lebt.

Albert
19.12.11, 22:08
Ist das das Eisenhydoxid? Der bräunliche Schleim der alles bedeckt?

Chelatoren binden oder umfassen das Eisenion und geben es dosiert ab. In Aquarien- und Blumendünger unabdingbar. Zurück bleibt die Chelathülle.


Die Probe wurde nahe der Oberfläche gezogen, allerdings ist das Wasser dort nur Knietief. Der Wert ist sicher etwas verfälscht , da in dem Areal derzeit Baggerarbeiten stattfinden. Also Freitag wurde gebaggert, Samstag nachmittag die Probe gezogen.


Dann ist der Baggersee noch jung, Eisenverbrauchende tierische Organismen und Phyten werden sich ansiedeln und die 8 mg Fe gesamt werden eine sanfte stetige Reduktion erfahren.


Ist das dann Fe(III)? gelöst? Ich dachte das setzt sich ab? Da hab ich jetzt einen Denkfehler: Bisher hab ich´s so verstanden, dass Fe(II) schnell mit vorhandenem Sauerstoff weiteroxydiert zu Fe (III) welches sich als Eisenhydroxid absetzt. Also zumindest im basischem Wasser. Aber dann würde man ja nie Eisen im Wasser messen? Ok den Punkt kapier ich noch nicht.

Fe(III) Oxid erfährt mit Wasserstoff oder Kohlenstoffdioxid eine Reduktion zu Fe (II)Oxid. Kohlenstoffdioxid ist gut wasserlöslich.


Ist das dann Fe(III)? gelöst?

Ja. Ich mess erst seit 3 Jahren Fe(II) und Fe (III) sowie gesamt Fe. Aber als alter Süß-und Korallenriff-Aquarianer kann mans auch übertreiben.
Wichtig ist, das fast alles im Kreislauf bleibt. Entnahme von Fisch, Wasserpflanzen, Uferphyten erfahren einer kleinen Reduktion. Vogelkot, Laub, Totholz füllen wieder etwas auf.

Bei 8 mg Fe gesamt in Deinem Kiessee könnten evtl. feinfiedrige Erstbesiedler an Wasserpflanzen einen schweren Stand haben. Deshalb kommen meistens Armleuchteralgen wie Nitella und Characeae
als Pioniere zuerst in gutem Ausmaß als Rasen zum Zuge.
Ungeduldigerweise werden meist Karpfenartige erstbesetzt so das die Algen durch Trübung schnell wieder verschwinden.

Toni
20.12.11, 11:29
Chelatoren binden oder umfassen das Eisenion und geben es dosiert ab. In Aquarien- und Blumendünger unabdingbar. Zurück bleibt die Chelathülle.

Dann ist der Chelator ein Bestandteil der dem Dünger beigesetzt wurde? Richtig? Also in der Natur unbedeutend.


Dann ist der Baggersee noch jung, Eisenverbrauchende tierische Organismen und Phyten werden sich ansiedeln und die 8 mg Fe gesamt werden eine sanfte stetige Reduktion erfahren.

Äh sorry, da ist was falsch angekommen; Es handelt sich nicht um einen Kiessee sondern um ein einen Altwasserbereich des Inns an dem gerade Eintiefungsarbeiten stattfinden. Das Eisen stammt wohl aus Entwässerungsgräben, in dem Bereich befinden sich zwei Pumpwerke für die Flächenentwässerung. Ich befürchte eben, dass ständig Eisen nachgeliefert wird, und die Ablagerungsprodukte des Eisens (Eisenhydroxid?) alles unter sich ersticken. Im Prinzip sehe ich die Gefahr dass dort in Teilbereichen eine Art Ockerteich entsteht.

dat_geit
21.12.11, 12:34
Eisen ist ein häufig vernachlässigter Wert.
Allerdings ändert sich das in Brutanlagen und vor allem auch Forellenzuchten.
Wir haben schon große Mengen von Eier und auch Brutfischen verloren, als wir noch nicht das Grundwasser auch auf den Eisengehalt hin filterten.
Das Problem ist die Ausflockung des Eisen durch den Kontakt von Sauerstoff nach der Förderung aus den Bodenschichten in denen das Eisen noch unter Sauerstoffabschluss als FeII gelöst ist.
Das Zerfallprodukt ist dann unter anderem das FeIII, welches dann an den Kiemen für mächtig Probleme sorgen kann und nicht nur kurzzeitige Atemnot erzeugt, sondern auch Langzeitschäden durch leichtes Verätzen und Eisenbakterien entstehen können.
Da diese Prozesse hauptsächlich in Fischzuchten und Brutanlagen unter der Verwendung von Quell und Grundwasser entstehen, spielt bei den meisten Abhandlungen über die Wasserchemie von stehenden und fließenden Gewässer das Eisen keine große Rolle.
Grenzwerte sind bei Forellen unter 0,3mg/l, bei Karpfenartigen gar unter 0,9mg/l.
Bei Eiern und Brut unter 0,1mg/l.
Tödlich sollen längere Konzentrationen von 1mg/l und mehr wirken, die aber auch in Fließgewässern von den Fischen nicht toleriert werden würden.
Ein Problem ist die Wechselwirkung von In Bezug auf den SBV, Temperatur und Sauerstoffgehalt, die noch nicht hinlänglich untersucht sind, um zweifelsfrei Aussagen darüber machen zu können, wann in welcher Konzentration noch tolerierte Werte zu toxischen werden können.

dat_geit
21.12.11, 14:28
Übrigens sieht man insbesondere das Eisenproblem mehr als Sekundärproblem.
Hierzu mal einiges im verlinkten Dokument unten.


http://www.ldl.sachsen.de/de/internet/service/umweltinfos/files/carmienke.pdf

Mattes
22.12.11, 14:27
Info: Beiträge zum Inn wurden verschoben: http://www.gw-forum.de/showthread.php?915-Inn-Beitrag-(provisorisch)