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Steini (verstorben am 06.09.2019)
24.01.12, 13:07
Wer sich in Niedersachsen mit der Fischerei beschäftigt, wird schnell auf diese Begriffe stoßen: Fischereigenossenschaft, Pachtgemeinschaft !
Was verbirgt sich dahinter und warum wurden diese meist riesigen Gebiete gegründet ?

Der Gedanke, der hinter der rechtlichen Schaffung steht, ist wohl der, dass sich Fließgewässer nur dann vernünftig bewirtschaften lassen, wenn ein möglichst komplettes Ökosystem geschlossen bewirtschaftet wird.
Flussfische benötigen oft die Nebengewässer zur Fortpflanzung, viele Arten wandern im Fluß weit umher.

Beispiel 1.:
Welcher Bachbesitzer würde sich freuen wenn etliche Großhechte zur Laichzeit aus dem Fluss in seinen Bach aufsteigen, um zu laichen und einige Forellen zu naschen ?
Wenn er aber gleichzeitig auch den Fluss bewirtschaftet, wird er dies als völlig normal ansehen.
Oder gar als nötig, wenn Laichgelegenheiten im Hauptgewässer fehlen.

Beispiel 2.: Oft sind Wehre auch gleichzeitig Grenzen in der Fischerei.
Welcher Bewirtschafter hat dann Interesse daran, dass Fische über das Wehr aus ihrem Bereich aufsteigen können?
Werden aber beide Bereiche gemeinsam betrachtet, besteht ein großer Wunsch nach problemlosen Wechsel über das Wehr.

Beispiel 3.:
Nebengewässer wie Altarme oder Baggerseen
Hier sind oft die Laichgelegenheiten für Arten zu finden, die zwar im Fluss leben, aber nicht unbedingt optimale Laichgelegenheiten dort finden.
Auch als Aufwachsraum oder Rückzugsraum bei Hochwasser oder als Platz, wo sie ungestört überwintern können.
(um da mal Arten zu nennen, Zander, Brachsen u.v.m )
Der Zander sammelt sich, aus dem Fluss kommend, vom Herbst bis zur Laichzeit dort, nach dem Ablaichen verschwindet er wieder in den Fluss.
Wird er hier abgefischt, fehlt er später im Fluss.
Natürlich benötigen auch viele Arten, die eher in Nebengewässern vorkommen, den Fluss als Möglichkeit sich auszubreiten, oder Gewässer wieder neu zu besiedeln.

Aus diesen Gründen wurden in Niedersachsen (gesetzlich) die Fischereigenossenschaften gebildet.
Eigentümer von Fischereirechten (Gemeinden, Kirche, Landwirte u.s.w) wurden so Genossen, die gemeinsam über die Verpachtung beschließen.
Nun ist diese Verpachtung nicht völlig frei, sondern muss gemeinnützig sein und benötigt auch die Absegnung durch die zuständige Behörde. um gültig zu werden.
Auf seiten der Pächter entstanden nun Pachtgemeinschaften.
Fischer und Vereine (Achtung, nur rechtlich anerkannte), schlossen sich zu Pachtgemeinschaften zusammen.
Wer von Ihnen Fischereirechte besaß, hat nun Einfluß in beiden Gemeinschaften, ist also Mitverpächter und Mitpächter in einem.
Bei beiden Gruppen werden nun Belange gemeinsam per Stimmrecht ausgetragen, sicher im Intresse eines vernünftigeren Umgangs mit der Natur.
In der Regel sind es größere Flüsse oder Kanalabschnitte mit Nebengewässern oder dem Hochwassergebiet (oft mehr als 1000 ha), die so zu einer Genossenschaft zusammen geschlossen wurden.
Ein Haken hat die Sache aber auch, die Verpächter sind eine Genossenschaft des offentlichen Rechtes.
Die Pächter sind lediglich ein Zusammenschluss !
Die bewirtschaften zwar zusammen, aber ohne eben einen Vorsitz zu haben.(Vorstufe zu Großvereinen, mit Ortsgruppen)
Rechtlich keine Person, kann es auch nur Sprecher geben.
(Selbst das Eröffnen eines gemeinsamen Kontos ist so nicht möglich.)
Es ist also nicht leicht herauszufinden, wer dort Ansprechpartner ist. (Am besten fragt man bei einem angeschlossenem Verein nach)

Ein benachbarter Verein bildete sich lediglich, als dort Fischerereichte zu einer Genossenschaft zusammen geschlossen werden sollten.
Teilweise waren sie mit der Bewirtschaftung des angrenzenden Vereins nicht einverstanden, teilweise sahen sie es aber auch als Trick des Vereins, an ihre Rechte zu kommen.
Wie auch immer, es wurde schnell ein eigener Verein gebildet, der natürlich auch das Fischereirecht erhielt. Verpächter und Pächter waren ja die gleichen Personen.
Viele fischen dort überhaupt nicht, aber wollen halt Einfluß behalten was in Ihrem Gebiet gemacht wird, oder wer sich dort umhertreibt.
Schaue ich mir heute beide Gebiete und Vereine an, haben sie richtig gehandelt.
Kaum Angler, weil nur Mitglieder auf der H.V aufgenommen werden wenn alle damit einverstanden sind, absolute Freiheit im gesetzlichen Rahmen und Natur +++.
Viele der Grundeigentümer/Mitglieder wollen die Natur zurück, die sie als Kind kannten.
Für viele der Landwirte dort stellte die Fischerei früher ein wichtiger Einkommensfaktor dar.
In der Folge stehen sie Renaturierungen kaum im Weg, sondern verlangen diese oder haben es einfach mal eben gemacht.
Welche Behörde wird ihnen wohl das Fischen verbieten wollen.

Ich habe keinen Schimmer, ob so etwas auch in anderen Bundesländer zu finden ist.
In N.R.W scheint es so etwas im Ansatz auch zu geben, in Niedersachsen ist es normal.
Die Weser und Aller z.B bilden so nur wenige Pachtabschnitte, aber auch der Mittellandkanal ist so aufgeteilt.
Mein Erlaubnisschein gilt für 70 Km Flußstrecke und etwa 45 Nebengewässer, viel Raum für Angler und Fische.
Ich bin der Meinung, das ist vorbildlich.
(Auch betrachte ich das Fischereigesetz Niedersachsens als besonders frei, aber bei weitem nicht rückständig. Aber das ist ein anderes Thema :lachen:)