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Thema: Aal, Europäischer (Anguilla anguilla)

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    Aal, Europäischer (Anguilla anguilla)

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    Systematik:


    Klasse:Strahlenflosser (Actinopterygii)
    Ordnung: Aalartige (Anguilliformes)
    Unterordnung: Anguilloidei
    Familie: Flussaale (Anguillidae)
    Gattung: Flussaale (Anguilla)
    Art: Europäischer Aal

    Wissenschaftlicher Name: Anguilla anguilla


    Flossenformel:

    D 245–280
    A 191–235


    Größe:

    Weibchen: (selten) bis zu 150 cm, in der Regel bis 130 cm
    Männchen: 50 cm in Ausnahmen bis 60 cm


    Gewicht:

    Weibchen: bis zu 6 KG
    Männchen: bis ca. 400 Gramm


    Beschreibung:

    Der katadrome Wanderfisch hat einen langgestreckten, schlangenförmigen Körperbau. Die vordere Hälfte ist drehrund, die hintere seitlich zusammengedrückt. Rücken-, Schwanz- und Afterflosse sind zu einem Flossensaum verbunden. Er hat keine Bauchflossen. Der Körperbau des Aals ist sehr muskulös. Sein Maul ist oberständig mit bürstenartigen Zähnen. In seiner sehr dicken und schleimigen Haut befinden sich kleine tiefsitzende Rundschuppen. Diese werden ab dem 3. bis 4. Jahr im Süßwasser gebildet.

    Das, in den Stadien als Weidenblattlarve und Glasaal transparente Tier wird als Steig- oder auch Gelbaal auf dem Rücken dunkelbraun bis oliv und auf der Bauchseite gelblich. Kurz vor der Abwanderung als Blankaal wird der Rücken bis hin zu schwarz und die Bauchseite grauweiß bis silbrig.


    Nahrung:

    Je nach Nahrungsvorkommen in seinem Habitat entwickelt sich der Aal unterschiedlich. Man unterscheidet zwischen Spitzkopf- und Breitkopflaal, welche jedoch lediglich ernährungsphysiologische Varianten ein- und derselben Art sind. Der Spitzkopfaal ernährt sich überwiegend von Insekten, Würmern, Schnecken und Pflanzen. Der Breitkopfaal favorisiert kleine Fische, Fischlaich und Krebse. Auch Frösche und Mäuse können schon mal auf dem Speiseplan stehen. Er wird auch als Raubaal bezeichnet. Durch ihre unterschiedliche Ernährungsweise sind Breitkopfaale in aller Regel wesentlich korpulenter und wachsen schneller ab, als ihre Artgenossen, die sich zum Spitzkopfaal entwickeln.

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    Foto: Hein Diegelmann - Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Fotografen.

    Entgegen der landläufigen Meinung ist der Aal definitiv kein Aasfresser. Den berühmten abgetrennten Pferdekopf suchen die Tiere allenfalls als gutes Versteck auf.


    Lebensweise:

    Der Aal ist ein äußerst flexibler Jäger, der zwar vorwiegend nachtaktiv ist, jedoch durchaus auch tagsüber anzutreffen ist. Obwohl er auch im Mittelwasser kleinen Fischen nachstellt, findet man in ebenso in den Uferbereichen, vornehmlich dort, wo andere Fische ihren Laich ablegen.

    Seine Rückzugsgebiete sind Steinpackungen, unterspülte Wurzelbereiche und Aalröhren, die er sich in den Schlamm gräbt.

    Sein Geruchssinn ist außerordentlich gut entwickelt. Die röhrenförmigen Riechorgane sind zum stereoskopischen Riechen fähig, was bedeutet, dass der Aal in der Lage ist, "dreidimensional" zu riechen. Im berühmten Vergleich wird gerne der Tropfen Flüssigkeit auf das 58-fache des Bodensees herangezogen. Viel interessanter jedoch dürfte es sein, dass der Aal in der Lage ist, alleine an den vorhanden Geruchsmolekülen anderer Aale in den Mündungsbereichen von Flüssen zu erkennen, wie viele Gelbaale in den Habitaten der jeweiligen Flusssysteme bereits angesiedelt sind, um hiernach seinen Aufstieg zu entscheiden. Einige der Tiere verbleiben jedoch in den Flussmündungen, unmittelbar in Küstennähe.

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    Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Fotografen: Sebastian Hänel Red. FISCH & FANG

    Im späten Herbst zieht sich der Aal zur Winterruhe in sein Versteck zurück. Dort harrt er bis zum Frühling und dessen steigenden Temperaturen aus.

    Vorkommen:

    Ost-und Nordsee, so gut wie alle Binnengewässer Europas und Nordafrikas. Der Aal bevorzugt Bäche, Flüsse und Seen, deren Untergrund es zulassen sich dort zu vergraben. Weicher, schlammiger, nicht fauliger Grund. Hierbei sucht er auch die noch so verzweigtesten Kanäle und Gräben auf.


    Fortpflanzung:

    Der Aal dürfte wohl der faszinierendste Fisch in unseren Gewässern sein. Er unterscheidet sich nicht nur sehr auffällig durch seine Körperform von anderen Fischen, auch sein Lebensweise und seine Art sich fortzupflanzen ist einmalig.

    Ist der Aal geschlechtsreif, beginnt seine zweite große Reise. Im Alter von 15 - 18 Jahren wandert er zurück in das Gebiet seiner Geburt. Dies tun zwar viele Fische, jedoch ist die zu überwindende Strecke beim Aal erstaunlich. Als Wanderfisch wird der Aal in der Sargassosee im Atlantik, nahe dem Bermudadreieck als Larve geboren. Die Larve, von einem Öltropfen in der Schwebe gehalten, driftet 3 Jahre lang mit dem Golfstrom in unsere Regionen. Driftet, trifft dabei nur zum Teil zu. Nach neuesten Erkenntnissen ist die Larve durchaus zu eigenen Schwimmbewegungen und somit zur Steuerung fähig.

    Lange Zeit war ungeklärt wie sich der Aal überhaupt reproduziert. Erst 1922 wurden die ersten Weidenblattlarven in der Nähe der Bermudas entdeckt und als solche auch erkannt. Vormals hatte man beispielsweise auch die Aalmutter in Verdacht ihr Ursprung zu sein.

    Nach drei Jahren treffen die Larven dann an unseren Küsten ein. In dieser Zeit und mit dem Aufstieg in unsere Flusssysteme reifen die Larven zu Glasaalen. Zirka 7 cm lang und durchsichtig. Mit ihrem Aufstieg vollziehen sie die nächste Wandlung. Sie werden zum sogenannten Steig- oder auch Gelbaalen. Die Färbung des Bauches ist für die Namensgebung verantwortlich. Nun suchen sich die Aale ihre Habitate und wachsen ab.

    Während die Männchen schon mit 6 – 9 Jahren geschlechtsreif werden, dauert es bei den Weibchen zirka 10 – 15 Jahre. Ist die Zeit gekommen, wandern die Tiere zwischen August und November, vorwiegend des nachts wieder ab. Diese Reise, in der pro Jahr bis zu 5000 km zurückgelegt werden, kostet die Tiere alle Reserven. Insgesamt kann diese Reise bis zu drei Jahre dauern und sie beträgt zwischen 4000 und 7000 km. Nach ihrer Paarung sterben sie ab. Der Zyklus beginnt erneut.

    Das Geheimnis, dass sich solche Strecken vom einem Tier zurücklegen lassen, liegt in ihrem Anlegen von Reserven, während ihres Daseins in unseren Gewässern. Der Aal besteht zu 30 % aus Fett, bevor er auf Wanderung geht. Diese Reserven braucht er dabei vollkommen auf. Erlangt ihn sein Signal zu Wanderung mittels Hormonen (Prolaktin) anderer Blankaale, verwandelt sich sein Körper gänzlich zugunsten der Vermehrung. Er stellt innerhalb von vier Wochen die Ernährung ein und entwickelt seinen Verdauungsapparat zugunsten der Geschlechtsorgane völlig zurück, seine Augen vergrößern sich und der After zieht sich ein.

    Eine Reise voller Gefahren beginnt.

    Die Paarung an sich, konnte bis heute nie beobachtet werden. Weder bei den europäischen, amerikanischen, afrikanischen, oder asiatischen Aalarten.

    Die inneren Organe:

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    Gefährdung:

    Der Aal steht seit 1998 auf der roten Liste der bedrohten Arten. Mittlerweile bekommen dies auch die Angler in Form von stark rückläufigen Fängen zu spüren. Zwar gibt es immer noch hohe Fangquoten, die einige Angler an den Tatsachen zweifeln lassen. Diese Quoten sind jedoch auf die hohen Besatzzahlen der vergangen Jahre zurück zu führen. Bis 2009 wurden insgesamt 10 Millionen vorgestreckte Aale in deutsche Flüsse ausgesetzt, um die Bestandszahlen zu stützen. Ohne diese Maßnahmen wäre die Wirklichkeit wohl greifbarer.

    Dies sind die Bedrohungen, deren sich der Aal ausgesetzt sieht:

    • Umweltgifte: Ein Aal, der 18 Jahre in unseren Flüssen gelebt hat, sich dabei durch Schlamm und Sediment gewühlt hat und dort seine Nahrung sucht, hatte reichlich Zeit fettlösliche Gifte aufzunehmen. Während seiner Rückwanderung in die Sargassosee verbraucht er all seine Fettreserven. Alle im Fett gelagerten Gifte werden hierbei wieder frei gesetzt. Unfruchtbarkeit ist hier eine mögliche Folge.


    • Ein weiteres Problem für die Abwanderung können die Schwimmblasenwürmer darstellen, die mit dem asiatischen Aal in unserer Gewässer eingeschleppt wurden. Sie schädigen die Schwimmblase des Aals und beeinträchtigen die Funktion dieses zur Orientierung wichtigen Organs. Gerade auf der langen Reise durch das Meer benötigt der Aal dieses Organ, um kräftesparend sein Ziel zu erreichen. Mittlerweile ist bei vielen Tieren eine Resistenz gegen den Schwimmblasenwurm festgestellt worden.


    • Erreicht der Aal dann dennoch sein Ziel und schafft er es tatsächlich abzulaichen, stehen die Larven vor dem nächsten Problem. Durch die Klimaerwärmung ist der Golfstrom abgedriftet. Es wird somit ungleich schwerer für sie, unsere Flussmündungen zu erreichen, als dies in früheren Jahren der Fall war. In wie weit die Schwimmfähigkeit der Larven dem entgegentreten kann ist ungewiss.

      Siehe hierzu: Mögliche Einflüsse des Klimawandels auf die Fischerei von Prof. Schreckenbach


    • Schafft es ein Glasaal bis an die Küsten Europas, wird er feierlich von den Glasaalfischern vor Portugal und Frankreich empfangen. Der Fang von 50 Millionen Tieren wurde alleine in 2010 für Frankreich bewilligt. Diese Tiere wandern in den internationalen Küchen zu hunderten in einer einzigen Portion als frittierte Delikatesse in die Münder derer, die sich eine höhere Potenz davon erhoffen. Insgesamt kommt in den Flussmündungen gerade Mal noch 1% des Aufkommens an, welches in den 80er Jahren dort eintraf.


    • Dieses eine Prozent steigt nun wahrhaft die Flüsse hinauf. Dort wo Querverbauten auf sie warten ist Schluss mit der Wanderung. Fehlende Habitate und neue gefiederte Fressfeinde erwarten ihn stattdessen. Schlechte Bedingungen für ein gesundes Abwachsen.


    • Berufsfischer und Angler holen sich natürlich auch ihren Teil der Beute. Sie beruhigen sich in aller Regel damit, dass es schließlich bedrohlichere Gründe gibt und ihre Entnahmezahlen den Braten kaum fett machen.


    • Hat der Aal es geschafft alle diesen Gefahren 18 Jahre lang zu entgehen, trifft er auf seiner Rückreise auf unsere „grüne“ Stromgewinnung und seinen sicheren Tod. Wasserkarftwerke rühmen sich ihrer Umweltverträglichkeit und zerschreddern dabei Tonne um Tonne an Fisch. Gerade der Aal durch seine gestreckte Form und seinem eher treibenden Vorankommen bei der Rückwanderung ist besonders anfällig für hohe Mortalitätsraten in den Turbinen. Die Zahl der Opfer werden von den Betreibern geschönt bis verschwiegen.


    Weiterführende Informationen hierzu im Netz:



    Der Aal wird vermutlich aus unseren Gewässern verschwinden. WRRL und Umrüstungen der Kraftwerke gehen nur langsam von statten. Würden die Probleme des Aals allesamt von heute auf morgen verschwinden, bräuchte er immer noch gut 80 Jahre um seine Populationsstärke aus den Zeiten von vor 50 Jahren wieder zu erreichen. Andere Quellen sprechen gar von 200 Jahren.


    Weiterhin interessant:

    • Aalblut ist giftig. Es ist somit nicht ratsam einen Aal auszunehmen, wenn man offene Wunden an den Händen hat. Brechreiz und Lähmungserscheinungen können die Folge sein. Durch die Erhitzung während des Garvorgangs wird das Gift neutralisiert.


    • Zur Altersbestimmung zieht man nicht wie üblich die Schuppen der Tiere heran. Die Untersuchung zur Altersbestimmung ist vergleichsweise schwierig. Hierfür wird eines der drei Gehörsteinchen heran gezogen. Speziell präpariert lassen sich unter dem Mikroskop die Jahresringe zählen.


    • Die Landwanderung: Hierüber gibt es die verschiedensten Geschichten zu lesen. Sicher ist der Aal im Stande eine gewisse Strecke über Land zu kriechen, jedoch hält sich die Fähigkeit in Grenzen. Der Boden muss sehr feucht sein, ist er trocken, "geht" der Aal freiwillig keinen cm darüber. Gründe für die unfreiwillige Wanderschaft können Abwandertrieb, Gewässerverunreinigung und Nahrungsmangel sein. Zu diesen Wanderungen ist er befähigt, da Aale auch durch die Haut atmen und so gut 50% ihres Bedarfs damit decken können.


    • Hindert man Aale am Abwandern, zum Beispiel durch Besatz in geschlossene Gewässer, können diese um die 50 Jahre alt werden. Der älteste dokumentierte Aal wurde 88 Jahre alt.


    • Blankaale können (z.B. in Gefangenschaft) aufgrund ihrer Fettreserven bis zu 4 Jahre ohne Nahrung auskommen


    • Der Aal gilt als einer unserer wichtigsten Speisefische. Sein äußerst delikater Geschmack, ist ihm zu Ehre gereicht. Künstliche Vermehrungsversuche sind bislang kläglich gescheitert. Auch wenn eine künstliche Reproduktion gelingt, scheitert es doch daran, den Larven die richtige Nahrung zur Verfügung zu stellen. Jüngst sind erste Erfolge bei der künstlichen Aufzucht asiatischer Aale gelungen.


    • Der Aal war "Fisch des Jahres" 1995


    Interessante GW-Forum Berichte zum Aal:

    Die vergessenen Aale

    Weblinks/Quellen:

    Wikipedia
    fishbase.org
    IFB-Aalheft
    Geändert von Georg (14.12.10 um 21:43 Uhr)

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